Champions League, 4. Spieltag - 11.03.2000

Spandau: Die Nervenprobe nicht bestanden - doch der Anschluss an Europa erreichbar

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Nach dem 4. Spieltag der Champions League zeichnen sich klare Konturen ab. Der Kreis um die vier Finalisten für das "Final Four" schliesst sich. In der "roten" Spandau-Gruppe sind Becej und Mladost Zagreb für die ersten beiden Plätze hoch favorisiert.. In der "blauen" Gruppe des Titelverteidigers aus Split dürften Splitska Banka und Vasutas Budapest das Rennen machen.

Rote Gruppe

4. Runde (11./12.3.2000)

WF Spandau 04 Berlin - Mladost Zagreb 05:08 (1:2, 1:1, 1:4, 2:1)
Lukoil Spartakus Wolgograd - VK Naftagas Becej 07:12 (1:3, 2:3, 0:2, 4:4)

Tabelle Rote Gruppe

1. VK Becej 4 40:24 +16 7:1
2. Mladost Zagreb 4 30:24 +6 4:4
3. WF Spandau 04 4 22:29 -7 3:5
4. Spartakus Wolgograd 4 22:35 -13 2:6

Blaue Gruppe

4. Runde (11./12.3.00)

Olympiakos Piräus - BVSC Budapest 09:09 (2:3, 4:1, 2:2, 1:3)
Splitska Banka - Olympic Nizza 11:05 (3:2, 2:1, 2:1, 4:1)

Tabelle Blaue Gruppe

1. Splitska Banka 4 38:28 +10 7:1
2. BVSC Budapest 4 26:25 +1 5:3
2. Olympiakos Piräus 4 33:30 +3 4:4
4. Olympic Nizza 4 26:42 -16 0:8

Zum 4. Spieltag im einzelnen:

Rote Gruppe:

In der mit hohen Erwartungen gestarteten Begegnung Spandau - Zagreb wurden die Massstäbe wieder zurechtgerückt. Spandau spielte glücklos, war stellenweise in der Abwehr schlecht organisiert, was Kroatiens Nationalheld Peric Bukic, mehrfach mutterseelenallein, zu drei Treffern einlud. Im dritten Viertel zog Mladost mit 4:1 unaufholbar auf 7:3 davon. Die Fernseh-Übertragung hielt fest, wie Tore aus der zweiten Reihe das Spiel entscheidend prägten.
(Ausführlicher Spielbericht von Sven-Uwe Dettmann auf der Spandau-Homepage www.spandau04.de )
Die zweite Begegnung dieser Gruppe entschied Becej ganz nach Belieben mit 12:7 gegen Wolgograd für sich. Damit fiel auch das Rückspiel an der Wolga mit hoher Tordifferenz an die Jugoslawen (Hinspiel 12:4). Zweimal ein Dutzend Tore gegen Wolgograd bringt für Spandau die Erkenntnis, dass es mit der Heimstärke der Russen nicht allzu gut aussieht.

Blaue Gruppe:

In dieser Gruppe widerstand Vasutas Budapest dem Ansturm der Griechen von Olympiakos. Das 9:9-Unentschieden in Athen ist so gut wie das Ticket für die Endrunde für den oft leidgeprüften BVSC-Coach György Gerendás, der für dieses Ziel jetzt seinen vierten Anlauf nimmt. Olympiakos war nach gutem Beginn mit 7:4-Führung in der Abwehr nicht stark genug und verlor das Schlussviertel 1:3.
Titelverteidiger Splitska Banka, um dessen Trainer Dragan Matutinovic Abwerbungsgerüchte laut werden, versenkte mit 11:5 nach Belieben die Franzosen aus Nizza, die bisher nur Punktelieferanten blieben. Wieder gab es im Schlussviertel einen 1:4-Einbruch.

Die nächsten Spiele (25./ 26. März 2000):
VK Becej - WF Spandau 04
Mladost Zagreb - Spartakus Wolgograd
Olympic Nizza - Olympiakos Piräus
Vasutas Budapest - Splitska Banka

Die Nachbetrachtung

Wer zu Saisonbeginn mit Spandau als Endrundenteilnehmer am "Final Four" gerechnet hätte, wäre allen Ernstes mitleidig belächelt worden über seine Unkenntnis des wahren Leistungsstandes in Europa. Was sich dann im Verlaufe der Saison an unerwarteten Erfolgen einstellte, verführte die Spandau-Fans sehr schnell zum Wunschdenken. Mit viel Können und Einsatz, guter Harmonie in der Mannschaft und dem nötigen Quentchen Glück entstand zum 4. Spieltag eine Situation, die ein "Wunder" hätte ermöglichen können. Mit einem Sieg über Zagreb wäre das "Klassenziel" Endrunde greifbar nahe gewesen. Aber Zagreb, wenn auch von Krisen geschüttelt, gehört zu den absoluten Top-Mannschaften in Europa. Sie zu besiegen, bedarf es eines spielerischen Feuerwerks.
Angesichts dieser grossen Chance wurden bei einigen Spielern psychische Blockaden aufgebaut, das Feuerwerk blieb aus. Die Mannschaft spielte zwar auf Europa-Niveau, aber weit entfernt vom Maximum. Und das reicht nicht für so hohe Ansprüche. Wir helfen niemand mit einer Manöverkritik. Jeder einzelne, von Kappennummer 1 bis Kappennummer 13, weiss selbst, was er alles an diesem Tag nicht eingebracht hat.

Im Scheinwerferlicht des Fernsehens

Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten. Das Fernsehen des MDR hat einen ausführlichen, zeitaktuellen Bericht von fast 20 Minuten Länge gebracht. Per Satellit wurde die Atmosphäre des Spiels bis nach Südeuropa ausgestrahlt. Ein kluger, wohltuender und fachlicher Kommentar von Hans-Joachim Seppelt begleitete und erläuterte das Spiel.
Auch der Besucherzuspruch mit etwa 700 Zuschauern in der Schöneberger Halle war durchaus zufriedenstellend. Die Rundfunk- und Printmedien widmeten Spandau in den letzten Monaten viel Aufmerksamkeit. Die Spandauer Selbstdarstellung per Homepage www.spandau04.de bot zahlreiche Informationen.
Das alles gehört zum Umfeld, aus dem für zukünftige Ziele Mut, Kraft und Zuspruch (auch finanziell) geschöpft werden können.

Dass Trainer Peter Röhle unmittelbar nach Spielschluss eine gewisse Enttäuschung nicht verbergen konnte, ist nur zu normal. Einer, der alle Erfolge schon erlebt hat, stellt immer Maximalforderungen. Hart, aber sachlich richtig, war seine Äusserung, dass diese Leistung gegen Zagreb nicht für Europa, wohl aber für die Bundesliga reiche. Das war ein Fehdehandschuh, wer immer sich da angesprochen fühlt.
Der oft schwerfällige DSV hatte in gewisser Weise ja schon schon reagiert, Stichwort : Verkleinerung der Bundesliga und Einführung der Vierer-Endrunden. Darüber hinaus hat das Flaggschiff WF Spandau 04 mit den bisherigen Spielen in der Champions League mit seiner professionellen Arbeit im Umfeld den weiteren Weg gewiesen. Folgen ihm noch zwei, drei Bundesliga-Clubs, so verdichtet sich auch in Deutschland die nationale Stärke. Der Alltag in Europa sieht überall nur drei, maximal vier Vereine internationalen Zuschnitts. Das gilt für die Spitzenverbände Kroatien, Italien und Ungarn wie für Spanien, Griechenland und Russland.
Der Anschluss an Europa ist also zu erreichen, das ist ein erstes Resümee der diesjährigen Champions League.

(14.03.2000)


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