Der Meistertitel 1999 an VK Becej vergeben

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Der Krieg ist aus, die sportliche Neuordnung beginnt in Jugoslawien. Als erste Maßnahme beschloß der Jugoslawische Verband, die Rundenspiele 1998/99 nicht wieder aufzunehmen und VK Becej zum Meister des Jahres 1999 zu erklären.
Bis zur Zwangspause war Becej in der Meisterschaft unbesiegt gewesen und hatte im letzten Spiel seinen härtesten Rivalen Partizan Belgrad deutlich 19:8 bezwungen.

Nach dem letzten Spieltag am 21.3.1999 sah die Tabellenspitze wie folgt aus:

 
1. VK Becej                 14   233: 55  28: 0
2. Partizan Belgrad         12   108: 73  18: 6
3. Budvanska Rivijera       12   142:118  16: 8
4. VK Student               12    98: 97  16: 8
5. Roter Stern Belgrad      12   101: 96  12:12
6. Primorac Kotor           12   113:126  12:12

Zehn Mannschaften waren am Spielbetrieb der 1.Liga beteiligt.

Für VK Becej, vom Ölkonzern NIS Naftagas gesponsert, bedeutet dieser Titel die vierte Meisterschaft in Folge und ein Weitermachen auf der europäischen Bühne.
Vor einer Woche stand die Mannschaft beim "Final Four" im 36. Landesmeistercup in Neapel im Finale und verlor das Endspiel knapp mit 8:7 gegen Posk Split. Torwart Aleksandar Sostar erhielt die Auszeichnung als bester Spieler des Endturniers.
In den Vorrunden-Spielen für den Einzug in die diesjährige Champions League hatte Becej beim Turnier in Moskau den Deutschen Meister WF Spandau 04 mit 10:9 bezwungen und damit dessen Ausscheiden aus dem Cup verursacht.

Vor zwei Jahren, beim ersten Auftritt im Landesmeistercup, hatte Becej, ebenfalls in Neapel, den vierten Platz belegt hinter Posillipo, Mladost Zagreb und CN Barcelona. Vor Jahresfrist wurde Becej der Einzug in die Runde der letzten Vier durch Mladost Zagreb knapp verstellt.

VK Becej, Jugoslawischer Meister 1999:
Sostar, Vukanic, Ciric, Uskokovic, Sapic, Vasovic, Milic, Rodic, Krstonosic, Mesaros, Laszlo Tóth, Vincze, Sefik, Zimonjic. Trainer: Goran Radjenovic

(12.03.1999)

Partizan Belgrad - Von der Demütigung einer Legende

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Partizan Belgrad, ein klangvoller Name im Wasserball-Europa: Sechsfacher Europacup-Sieger, je einmal Gewinner des Pokalsieger-Cups, der LEN-Trophy und des Supercups. Seit mehr als 35 Jahren Talentschmiede und Erfolgsadresse in Jugoslawien. Spitzenreiter der "Ewigen Tabelle im Europacup der Meister" mit 130 Siegen vor WF Spandau 04 (105) und Mladost Zagreb (98).

Doch mit der staatlichen Neuordnung im ehemaligen Jugoslawien gingen für Partizan Belgrad die großen Lichter aus. Becej in der Provinz übernahm die Wasserball-Führung. Im Schatten des großen Rivalen ließ sich dennoch leben.

Doch der Niedergang nimmt kein Ende. Am Wochenende setzte es in der jugoslawischen Meisterschaft gegen Becej eine demütigende 8:19-Niederlage. Das hatte Partizan in seiner Vereinsgeschichte noch nicht erlebt. Das Ende oder die Referenz vor der derzeitigen Übermannschaft Becej?

Im Europacup um die LEN-Trophy sah Partizan beim 14:4 gegen SV Cannstatt im letzten Herbst noch ansehnlich aus. Doch der wahre Maßstab ist eben heute Becej.

Mit 28:0 Punkten führt Becej die Meisterschaftsrunde souverän an, gewinnt Spiel um Spiel, nicht nur zu Hause, auch in der Champions League. Spandau, Dinamo Moskau, Asow Mariupol (Ukraine), BVSC Budapest, Vouliagmeni Athen, Posillipo Neapel, alle europäischen Landesmeister wurden bisher bezwungen. Wer kann diese Mannschaft aufhalten? Sportlich kaum jemand, aber politisch wackelt der Erfolg. Sollte Staatspräsident Milosovic auch Becej in den Abgrund reißen wie schon einmal Partizan Belgrad?

 
Die Ergebnisse vom Wochenende:
VK Becej - Partizan Belgrad           19: 8
Vojvodina - Roter Stern Belgrad        6: 9
Primorac Kotor - Budvanska Rivijera    6: 5
Beograd - Spartak                      7:11
Student - Jadran                      11: 6
 
Die Tabelle (21.3.1999):
 1. VK Becej              14   233:55   28: 0
 2. Partizan Belgrad      12   108:73   18: 6
 3. Budvanska Rivijera    12   142:118  16: 8
 4. VK Student            12    98: 97  16: 8
 5. Roter Stern Belgrad   12   101: 96  12:12
 6. Primorac Kotor        12   113:126  12:12
 7. VK Spartak            12    90: 99  10:14
 8. VK Jadran             12    77:100   8:16
 9. Vojvodina             12    68:165   2:22
10. VK Beograd            12    70:170   0:24

(23.03.1999)

Jugoslawien Wasserball

 

Der Griff zur Wasserballkrone in Europa
VK Becej spielt entfesselt
VON DR. GÜNTER SCHWILL


VK Becej, der Wasserballmeister Jugoslawiens, hat international auf sich aufmerksam gemacht. Nur Siege gab es bisher in der Champions League sowie der dazugehörigen Vorrunde. WF Spandau 04 und Dinamo Moskau mußten sich geschlagen geben, dann Ungarns Meister Vasutas Budapest und jetzt auch Griechenlands Meister Vouliagmeni. Der Griff zur Wasserballkrone in Europa ist das Ziel in diesem Jahr.

Die Bewerbung für die Ausrichtung des "Final Four" lag schon vor, bevor überhaupt die Europacup-Spiele begannen. Da muß schon viel Selbstvertrauen vorliegen, um so von der Endrunden-Teilnahme überzeugt zu sein. Jetzt, nach den ersten Erfolgen, will der Verein noch mehr, nämlich das Europa-Championat.

Die Wasserball-Schule Jugoslawiens ist bekanntermaßen seit Jahrzehnten hochklassig. Als es vor 1991 noch eine staatliche Einheit gab, lagen die Hochburgen in Belgrad (Partizan) und Zagreb (Mladost). Seit der politischen Neuordnung auf dem Balkan gehören nur noch Serbien und Montenegrino zu (Rest-)Jugoslawien. Das Zentrum des Wasserball-Leistungssports wanderte aus der Hauptstadt Belgrad nach Becej ab. Hier in der Vojvodina, dem ehemals ungarischen Landstrich an der Theiß, entstand eine neue Macht im Wasserball. Männer und Frauen wurden anfangs gleichermaßen gefördert.

So trat der jugoslawische Frauenmeister von 1995, VK Becej, zum Europapokal in Odense an. Nachdem aber dort Skif Moskau und die Schwimm-Union Neukölln unter Trainer Gerhard Thiedke technisch wesentlich weiter waren und die jugoslawischen Frauen mehr durch Härte und körperlichen Einsatz als durch spielerisches Verständnis auffielen, verriet der damalige Teamchef Imre Molnar, daß in Becej nur der Männerwasserball eine Zukunft haben werde. 1997 nahmen Becejs Frauen noch einmal an der ungarischen Meisterschaft teil, wurden jedoch nur Schlußlicht. 1998 behauptete sich Pancevo als Meister.

Meisterschaft im Zehnerfeld
Bei den Männern dominiert Becej seit 1995 den jugoslawischen Wasserball. Alle Titel seither fielen an diese Mannschaft. Die Meisterschaft wird unter 10 Mannschaften ermittelt. Aus dem Europa-Pokal bekannt sind neben Partizan Belgrad die montenegrinischen Mannschaften Budvanska Rivijera und Primorac Kotor. Aber alle sind auch nicht annähernd vom Format eines Wasserball-Klubs Becej. Zweistellige Ergebnisse mit 10 und mehr Toren Differenz sind an der Tagesordnung. Nach jetzt 7 Runden im Meisterschaftsprogramm hat Becej 118:28 Tore bei 14:0 Punkten. Das ergibt einen Durchschnittswert von 17:4 pro Spiel.

Erstaunlich, daß bei der fehlenden Konkurrenz diese Leistungsstärke gewachsen ist. Nur mit weitsichtiger Politik war das zu schaffen. Für viel Geld sind jugoslawische Legionäre, die während des politischen Boykotts im Ausland spielten, zurückgeholt worden. So ist Torwart Aleksandar Sostar ein ganz wichtiger Spieler.Bis 1996/97 spielte er bei CN Barcelona und errang dort die spanische Landesmeisterschaft. Seine Einkünfte pro Monat lagen damals bereits bei umgerechnet 10.000 DM. Mit welchem Vertrag muß er in seine Heimat gelockt worden sein? Aleksandar Sapic ragt als Torjäger aus seiner Mannschaft heraus. Mit 17 Treffern bei 5 Spielen führt er die Torschützenliste im europäischen Landesmeister-Cup an. Ebenso wie die beiden oben genannten Spieler ist auch Veljko Uskokovic Mitglied der Olympiamannschaft von Atlanta gewesen. Dazu beschäftigen die Jugoslawen auch einen ungarischen Legionär: Balazc Vincze (Jg.1967) hatte zuvor mit Ungarn an drei Olympischen Spielen teilgenommen (Seoul, Barcelona und Atlanta), ohne allerdings eine Medaille gewonnen zu haben.

Das machte sein jetziger Trainer besser. Es ist Goran Radjanovic, Olympiasieger von Seoul, der mit seiner Mannschaft dem deutschen Team 1988 im denkwürdigen Halbfinale den Einzug ins Finale verwehrte. Umstände, die Nicolae Firoiu damals graue Haare wachsen ließen.

Ist Becej wirlich ein Ausnahmeteam? Diese Frage wird schon bei der nächsten Europacup-Begegnung beantwortet. Anfang März ist Posillipo in Neapel ein echter Leistungsmesser. Dann wissen wir, ob der Griff zur Wasserballkrone in Europa für Becej realistisch ist.

 
Die letzten Ergebnisse in Jugoslawien:

6. Februar 1999:
VK Student - VK Becej             1:15
Primorac Kotor - Vojvodina       17: 4
Budvanska Rivijera - Spartak     10: 4
Beograd  -  Roter Stern Belgrad   5:11
Jadran - Partizan Belgrad         5:10
 
13.Februar 1999:
Becej - Primorac Kotor           19:5
Roter Stern Belgrad - Jadran     10:4
Partizan Belgrad - Spartak        8:6
Budvanska Rivijera - VK Student  10:6
Vojvodina - Beograd              11:8
  
Die Tabelle (13.2.1999):
 1. VK Becej             7   118:28  14:0
 2. Partizan Belgrad     7    75:34  12:2
 3. Budvanska Rivijera   7    77:62  10:4
 4. Roter Stern Belgrad  7    62:54   8:6
 5. VK Student           7    48:55   8:6
 6. VK Spartak           7    43:52   6:8
 7. Primorac Kotor       7    72:83   6:8
 8. VK Jadran            7    41:57   4:10
 9. VK Vojvodina         7    42:97   2:12
10. VK Beograd           7    31:86   0:14

 

Gipfelstürmer Becej in Europa weiter unbesiegt
VON DR. GÜNTER SCHWILL

In der Jugoslawischen Meisterschaft feiert VK Becej Triumphe.
Souverän mit 8:0 Punkten wird die Tabelle angeführt, Gegner um Gegner deklassiert, dabei wahrlich keine Nobodies. Am 4.Spieltag endete die Partie VK Becej - Roter Stern Belgrad 16:4, wobei Sapic allein 7 Treffer markierte. Ein Klassenunterschied, wobei Belgrad immerhin zwei Runden im diesjährigen LEN-Cup gespielt hat. Noch deprimierender war die Niederlage von Budvanska Rivijera vor zwei Wochen. 19:4 hieß da das Resultat gegen eine Mannschaft, die im Viertelfinale des europäischen Cup-Wettbewerbs steht und gegen Florenz das Hinspiel 6:6 bestritt. Torwart Alexander Sostar, die Scharfschützen Sapic und Vasovic sowie der ungarische Legionär Laszlo Tóth zählen zu den Stützen einer Mannschaft, die von Goran Radjanovic betreut wird.

Im Europacup der Landesmeister war Becej, wie vielleicht bekannt, in der Qualifikationsrunde in Moskau auf Wasserfreunde Spandau 04 getroffen. Das Ergebnis hieß 10:9 für Becej nach einer 9:4-Führung. Der Spandauer Druck kam zu spät, die Konsequenzen für die Berliner schmerzlich. Becej, ebenfalls auch 10:8-Sieger nach Verlängerung über Dinamo Moskau, zog in die Champions League ein. Ein erstes Resultat: Der ungarische Meister Vasutas Budapest war beim 9:6 chancenlos. Wer stoppt den Siegeszug der Jugoslawen? Am 10.Februar empfängt Becej den griechischen Meister Vouliagmeni, eine lösbare Aufgabe. Aber in der 3.Runde müssen die Jugoslawen zu Posillipo Neapel, dort könnte die Siegesserie reißen.

Auf jeden Fall müssen wir uns den Namen des jugoslawischen Wasserballclubs VK Becej merken. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Wasserball-Siegesmeldungen aus Jugoslawien immer nur aus der Hauptstadt Belgrad kamen, vom berühmten Wasserballclub "Partizan". Heute hat Becej die Führung übernommen, doch schon mit der Geographie hapert es.

Dabei ist Becej Austragungsort der diesjährigen Endrunde der Champions League, vom 4.bis 5.Juni pilgert Wasserball-Europa dorthin. Die Stadt liegt im Norden Jugoslawiens in der Vojvodina, im Dreiländereck zwischen Kroatien, Ungarn und Rumänien gut 100 km nördlich von Belgrad. Becej, an der Theiß gelegen, zählt etwa 50.000 Einwohner.

Der Strom und zusätzlich warme Quellen waren zu Beginn unseres Jahrhunderts die Hauptgründe für den Bau von Badeanlagen. Nach dem 2.Weltkrieg wurde 1947 der Schwimm- und Wasserballclub Becej gegründet. Das erste Wasserballfeld lag zwischen zwei Schleusentoren der Theiß, die Zuschauer fanden Platz auf den Mauern der Schleusenkammer.

Seit 1983 erst, mit dem Aufstieg in die jugoslawische Division A, ist Becej "erstklassig". Die erste Meisterschaft fiel 1996 an diesen Verein, auch der Pokal wurde im gleichen Jahr erobert. Und seit dieser Zeit wurden beide Trophäen Jahr für Jahr gewonnen. Vielleicht kommt in diesem Jahr eine weitere Trophäe dazu, die Krone Europas.

Startseite - News