Wasserball-Ein unbekannter Sport?

Wasserballer

VON WOLFGANG PHILIPPS

Warum Wasserball in Deutschland eine vielfach unbekannte Randsportart ist, können auch die Anhänger dieses Sports nicht überzeugend erklären. Wie ein Blick auf Freibäder und Badeseen dieser Tage zeigt, ist es eigentlich eine der naheliegendsten Sachen der Welt, einen Ball zum Spielen ins Wasser zu werfen. Und das als Wettkampf- und Leistungssport betriebene Spiel bietet vielfältige Anknüpfungspunkte, die die Sportart interessant machen könnten: wechselnde Spielszenen mit vielen Toren auf einem gut überschaubaren Spielfeld, harte Zweikämpfe und - last but not least - auch durchtrainierte Athleten, die optisch allemal mehr hermachen als vergleichbare Fußballer oder vermummte Eishockeyspieler.

Das Wasserballspiel wurde nachweislich erstmals 1869 in Großbritannien betrieben, als Schwimmer zweier Vereine zu einem Vergleich gegeneinander antraten. Dieses damals "water polo" genannte Spiel war eine ideale Ergänzung zum damals aufkommenden Sportschwimmen und trat daher auch bald seinen Siegeszug an. Wasserball gilt sogar als der älteste olympische Mannschaftssport, seit die Vereinsmannschaft des Osborne Swimming Club aus Manchester im Jahre 1900 in Paris Gold für Großbritannien holte. Heute wird das Ball- und Mannschaftsspiel der Schwimmer auf allen Kontinenten betrieben, und im kommenden Jahr wird in Sydney auch der Frauenwasserball seine olympische Premiere erleben.

In Deutschland eingeführt wurde das Spiel im Jahre 1894, und die erste Deutsche Meisterschaft wurde 1912 ausgespielt. Auf internationaler Ebene holte sich Deutschland 1928 in Amsterdam mit vier Spielern der Wasserfreunde 98 Hannover den Olympiasieg. In jüngster Vergangenheit wurden deutsche Nationalmannschaften 1981 in Split und 1989 in Bonn Europameister sowie 1985 in Duisburg Weltcup-Sieger.

In Hannover besitzt die Sportart nicht nur eine lange Tradition, sondern auch eine erfolgreiche Gegenwart: Zwischen 1921 und 1948 holten die Wasserfreunde 98 acht nationale Meistertitel an die Leine, Waspo Hannover-Linden wurde 1993 deutscher Meister und 1998 Pokalsieger. An internationalen Großereignissen werden im August dieses Jahres im Stadionbad zum zweiten Mal der Hannover-Cup für Nationalmannschaften sowie im Frühjahr 2000 die weltweite Olympiaqualifikation der Herren für Sydney zur Austragung gelangen.

Die Bemühungen von Waspo und anderen hannoverschen Vereinen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß Wasserball von jeher eine Randsport war und heute nur noch ein Schattendasein fristet: Die "schöne neue (Medien-)Welt" ist in Deutschland an der Sportart Wasserball bisher völlig vorbeigegangen. In den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Marketing zeigte sich der für den Wasserballsport zuständige Deutsche Schwimm-Verband (DSV) nicht sonderlich erfolgreich, und seit der ersten Hälfte der 90er Jahre ist Wasserball von den Bildschirmen der Fernsehanstalten fast völlig verschwunden.

Daß dieses kein unabwendbares Schicksal sein muß, zeigen die Beispiele Italien, Spanien und Griechenland, wo seit den 70er Jahren finanzkräftige Profiligen aufgebaut werden konnten. Hier und in einigen osteuropäischen Staaten werden wichtige Wasserball-Ereignisse, darunter auch das "Spiel der Woche", jeweils live im Fernsehen übertragen. Sechs und mehr Kameras (auch unter der Wasseroberfläche) sowie kompetente Reporter sind hier eine Selbstverständlichkeit und machen den Sport auch für ein breites Publikum transparent. In Italien genießt Wasserball daher einen ähnlichen Stellenwert wie hierzulande Handball oder Eishockey. Man beachte: Auch dort gibt es (neben "König Fußball") weitere Konkurrenzsportarten wie Basketball oder Volleyball mit finanzkräftigen Profiligen, obwohl die Wirtschaftskraft Italiens derjenigen Deutschlands immer noch weit unterlegen ist. Selbst fehlende Tradition braucht kein Hindernis für den Wasserballsport zu sein, wie die Beispiele Spanien und Griechenland eindrucksvoll belegen.

Für die Anhänger des Wasserballspiels bleibt daher in kommenden Jahren viel zu tun, um "ihrer" Sportart wieder den Stellenwert zu verschaffen, der ihr zusteht. Eine Maßnahme hierzu ist auch der "Tag des Wasserballs": Zum einen erhalten die Pokalendspiele dort den Rahmen, den sie verdienen, zum anderen bekommt damit auch der Wasserballsport verstärkt den Charakter eines "events", durch den neben der Wasserball-"Familie" auch Außenstehende die Möglichkeit haben, mit dieser faszinierenden Sportart in Kontakt zu kommen. Wer bei dieser Veranstaltung im Ricklinger Bad Gefallen an dieser Sportart gefunden hat, dem bietet sich kommenden Monat die Möglichkeit, in Hannover Wasserball der absoluten Weltspitze zu sehen. Vom 11. - 15. August findet im Stadionbad Hannover-Cup für Nationalmannschaften statt, wo sich Herrenteams der absoluten Weltklasse, einschließlich Olympiasieger Spanien, gegenüberstehen.

Wolfgang Philipps Wasserball-Pressesprecher SVN-Bezirk Hannover
Programmheft zum "Tag des Wasserballs" in Hannover-Ricklingen am 17. Juli

(03.07.1999 - www.svn.de)


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