VON NORBERT FETTBACK

Verlorener Sohn wird mit offenen Armen empfangen

René Huke hatte gut lachen. Zwar war der 24-Jährige beim Waspo-Schützenfest zum Saisonstart leer ausgegangen, doch mit seinem Entschluss, nach drei Jahren in der Fremde wieder für Hannover zu spielen, dürfte er - so der Eindruck am Sonnabend - richtig gelegen haben.
Im Sportleistungszentrum machte bei der Vorstellung der Mannschaften das Wort "Spätheimkehrer" die Runde, als der Mann mit der Nummer 11 begrüßt wurde. Das bedarf in diesem Fall zumindest einer kurzen Erklärung: Als gerade 15-Jähriger war Huke mit Waspo deutscher Junioren-Vizemeister geworden. Dann jedoch tauchte er aus Lindener Sicht ab: Hellas Hildesheim, Wasserfreunde 98 und - seit 1996 - wieder Hellas waren die Stationen. Wer um die früheren Rivalitäten zwischen diesen Vereinen und Waspo weiß, der wundert sich, schon etwas über Hukes Wechselentscheidung.
Doch die Querelen von damals scheinen vergessen. "Die Wasserfreunde sind kein Thema mehr", sagt Huke, "höchstens mal zum Spaß." Das dürfte in erster Linie damit zu tun haben, dass dieser hannoversche Traditionsverein von der Bildfläche verschwunden ist. "über diesen Punkt sind wir längst hinweg", sagt Trainer Bernd Seidensticker. Waspo ist in Hannover die uneingeschränkte Nummer 1 im Wasserball; dass in dieser Saison gar der deutsche Titel her soll, darf als beredter Ausdruck für das Ende. der letzten Bescheidenheit gelten. René Huke hält das hohe Ziel für realistisch. Er macht kein Hehl daraus, dass er wegen der sportlichen Perspektiven zu Waspo zurückgekehrt ist; Geld spielt keine Rolle, was bei einem Saisonetat von 100 000 Mark auch nicht verwundert. "Das hier ist reiner Idealismus", sagt der junge Mann, der tagsüber als Elektriker arbeitet. In Hannover hat er den Spaß am Sport wiedergefunden, der ihm in Hildesheim, der "Schießbude der Bundesliga", vergangen war.
Die sportliche Vergangenheit blitzte gegen den SC Neustadt noch dann und wann auf. Wenn Huke und mit ihm Arne Hartmann, der andere ehemalige Hellas-Spieler, in der Verteidigung am Zuge waren, fehlte es mehrfach an der Zuordnung. Gegen stärkere Gegner kann das ins Auge gehen, das weiß auch Huke. "Wir müssen uns noch einspielen", sagt er. Dass er und Hartmann das Vertrauen des Trainers haben, macht die Sache leichter. "Beide passen gut in unser System", versichert Seidensticker. Huke soll dabei auch als Center Marc Politze und Jan Müglich im Angriff entlasten. Der Mann ist, das weiß man bei Waspo, für Tore gut - gestern in Esslingen hat er das erstmals gezeigt.

Gegen die Aufsteiger spielerisch noch nicht auf der Höhe

Hannover (kuj). Der Zweckpessimismus, den Waspo-Trainer Bernd Seidensticker am Sonnabend verbreitet hatte, erwies sich nicht als völlig unberechtigt. Da hatte der Coach nach dem haushohen 12:2 (1:1, 4:0, 4:0, 3:1)-Erfolg im Auftaktspiel der Wasserball-Bundesligasaison über Aufsteiger SC Neustadt zur allgemeinen Verblüffung erklärt: "Wenn wir morgen beim anderen Neuling SSV Esslingen genauso auftreten, können wir verlieren." Dazu kam es zwar nicht, doch die mit 9:7 (3:2, 2:3, 3:1, 1:1) gewonnene Partie in Stuttgart-Untertürkheim "war ein reiner Arbeitssieg", sagte Manager Bernd Eckert. Er hatte wie der Trainer einige Zitterminuten zu überstehen. Denn nach einer 3:1-Führung lagen die Lindener in der 10. Minute 3:5 zurück. In dieser Phase zeigte sich aber, dass der um die Neuzugänge Arne Hartmann und René Huke bereicherte Kader ausgeglichener besetzt ist als in den vergangenen Jahren. So war der Ausgleich durch Jan Müglich und Sven Reinhardt, dem ein ständiger Vorsprung bis zum Schluss folgte, auch darauf zurückzuführen, dass am Vortag sämtliche zwölf Feldspieler eingesetzt wurden. Obwohl gestern insgesamt nur neun Mann im Wasser waren, wirkten die Leistungsträger ausgeruht und in den entscheidenden Momenten geistig auf der Höhe. "Körperlich ist die Mannschaft nach der Vorbereitung topfit. Dass es spielerisch noch hapert, ist zu Beginn nicht verwunderlich, aber wir liegen im Plan", resümierte Seidensticker das Wochenende. Dieses hatte für die Neustädter schon früher begonnen. Sie wurden in ihrer Stadt wegen des Aufstiegs zur Mannschaft des Jahres gewählt, weshalb ihr Trainer-Peter Jacqué daheim geblieben war, um den Festsaal für die Zeremonie am späten Abend zu dekorieren. ",Erstaunlich", meinte Waspo-Center Marc Politze, " nach einer Zehn-Tore-Niederlage dürfte ich mich nicht einmal in unserer Wohngemeinschaftsküche blicken lassen."

(Hannversche Allgemeine Zeitung 08.11.1999)


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