SPORTPOLITIK/Verbandspleite: Bemühen um Schadensbegrenzung

LSB-Verantwortliche treten als Rettungsschwimmer an Hannover

Hannover (fe/kuj). Die Höhe des Schuldenbergs, der den Schwimm-Verband Niedersachsen (SVN) - wie berichtet - bewogen hat, Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren zu stellen, ist weiterhin unklar. Stattdessen zeichnet sich ab, dass die Bemühungen um Schadensbegrenzung beim Landessportbund (LSB) und Olympiastützpunkt Hannover nicht ohne Ergebnis geblieben sind. So müssen die hannoverschen Spitzenschwimmer nicht befürchten, dass ein koordiniertes Training wochenlang ins Wasser fällt, nachdem der SVN Peter Fischer den Stuhl vor die Tür gestellt hat. ,,Es wird im Schwimmbereich eine Interimslösung auf Honorarbasis geben", kündigte Jürgen Bruckert, Leiter des Olympiastützpunktes, an.
Fischer, der als. designierter Schwimm-Landestrainer bereits ein halbes Jahr in Hannover tätig war, wird sein Amt nicht antreten. ,,Ich habe Herrn Fischer vergangenen Freitag mitgeteilt, dass dies auf Grund der jüngsten Entwicklung nicht möglich ist", sagte SVN-Präsidiumsmitglied Tjark Schroeder. Fischer wiederum erklärte auf Anfrage, er sei gestern von Schroeder informiert worden. ,,Ich hätte nicht gedacht, dass es im Chaos zu Ende geht", sagte der Trainer. Er sei wohl zu blauäugig gewesen: Seit Dezember habe er die Zusage auf eine Anstellung gehabt, sei aber immer wieder hingehalten worden. Am Wochenende will er sein bisheriges Team beim internationalen Schwimmfest in Darmstadt letztmals betreuen.
Weil dem Fachverband in Gelddingen gänzlich die Hände gebunden sind, kann ein hauptamtlicher Trainer trotz so genannter Mischfinanzierung zusammen mit dem LSB nicht bezahlt werden. Die 25 Schwimmerinnen und Schwimmer am Stützpunkt in Hannover müssten dennoch nicht um die tägliche Betreuung fürchten, versicherte Bruckert.
Die Wasserballer haben Glück im Unglück gehabt. Der altgediente Landestrainer Josef Kulyniak hat einen Vertrag mit dem LSB; Andras Feher, der sich um die Wasserball spielenden Sportsoldaten kümmert, wird vom Bund und vom LSB bezahlt. ,,Da gibt es keine Probleme", erklärte Bruckert.
Diese sind in anderer Hinsicht zu erwarten, beispielsweise im Wettkampfbetrieb. An diesem Wochenende stehen in Celle die Landesjahrgangsmeisterschaften der Zehn- bis 13-Jährigen auf dem Programm - Veranstalter ist der SVN. Dorthin haben die rund 500 Teilnehmer auch die Meldegebühren überwiesen, doch an den ausrichtenden Celler Schwimm-Club (CSC) darf wegen des beantragten Insolvenzverfahrens kein Geld weitergereicht werden. ,,Wir wollen die Veranstaltung trotzdem durch-ziehen", sagte Dirk Lüdje vom CSC. ,,Die Celler werden wohl dem Geld hinterherlaufen", sagte Schwimmwart Michael Nölke von den Wasserfreunden 98 Hannover, die mit zwölf Kindern starten wollen. Direkt betroffen von der drohenden Insolvenz des SVN fühlen sich die Wasserfreunde nicht. ,,Unser Training ziehen wir auch so durch", sagte Nölke. Weh tun würde es dem Verein nur, wenn wegen der SVN-Pleite Geld eingefordert würde.
Doch wie Nölke glauben auch Inge Decker-Dohme, die Vorsitzende von Waspo Hannover, und Bernd Eckert, Manager des Lindener Erstliga-Teams, dass Vereine nicht haftbar gemacht werden können.
Der Schwimmbezirk Hannover hat inzwischen eine Haushaltsperre erlassen. ,,Ich darf nicht einmal mehr Briefmarken kaufen", sagte Wasserballwart Helmut Rohde. ,,Zum Glück ist die Saison jetzt vorbei." Doch viele Fragezeichen bleiben, solange der Fortbestand des SVN unklar ist. LSB-Präsident Wolf-Rüdiger Umbach hält nichts von einer eventuellen Neugründung eines Nachfolge-Verbandes. ,,Das würde viel an Vertrauen zerstören", sagte er.Deshalb hat auch der LSB großes Interesse an einem erfolgreichen Krisenmanagement. Spätestem im September muss eine Lösung gefunden sein.

(Hannoversche Allgemeine Zeitung 05.07.2000)


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