Sportpolitik/ 500 000 Mark Defizit: Wasserballturnier bringt das Fass zum Überlaufen

Schwimmverband vor der Pleite

Kurt-Heinrich Maier
Hannover (fe). Beim Olympia-Qualiflkationsturnier im Wasserball sind im Mai nicht nur die deutschen Asse baden gegangen. Sieben Wochen danach schlagen auch über dem Schwimm -Verband Niedersachsen (SVN) als Ausrichter die Wogen des Mißerfolgs zusammen: Beim Amtsgericht Hannover hat das SVN-Präsidium Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahren gestellt: Der Fachverband, der 78 000 Mitglieder in 506 Vereinen vertritt, ist zahlungsunfähig. Dies stellt den Wettkampf- und Trainingsbetrieb der Schwimmer und Wasserballer in Frage, weil beispielsweise laufende Kosten wie für Schiedsrichter nicht mehr beglichen und Trainer durch den SVN nicht mehr bezahlt werden können. Rettung wird von einem außerordentlichen Verbandstag am 13.August in Hannover erwartet.
Bei den Funktionären des SVN und auch beim Dachverband; dem Landessportbund (LSB), herrscht derzeit Ratlosigkeit. Denn dass ein großer Sportverband den Offenbarungseid leisten muss, ist wohl einzigartig in der deutschen Sportlandschaft. ,,Vor dem Turnier in Hannover waren wir finanziell sehr gesund", sagt Tjark Schroeder (Oldenburg) einer der drei verbliebenen SVN-Präsidiumsmitglieder. ,,Jetzt haben wir mehr als genug an Verbindlichkeiten." Reinhard Rawe, Direktor des LSB, spricht von einer ,,schwierigen Situation". Sie könne wohl nur gemeinsam mit dem SVN und dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) gemeistert werden. Dessen Generalsekretär Jürgen Fornoff signalisierte gestern Gesprächsbereitschaft, man müsse zuvor aber die Situation überblicken können.
Genaue Zahlen, wie tief der SVN in den roten Zahlen steckt, liegen allerdings noch nicht vor. Das Defizit beträgt nach Schroeders Angaben rund 500 000 Mark. Dabei handelt es sich vor allem um offene Hotelrechnungen mehrerer Nationalmannschaften sowie Forderungen für abgesagte Popkonzerte mit Gloria Gaynor und Sabrina Setlur. Die genauen Summen muss der Insolvenzverwalter ermitteln. ,,Dann können konkrete Gespräche mit den Gläubigern geführt werden", sagt Rawe.
Den Schwarzen Peter scheint Kurt-Heinrich Maier in den Händen zu halten, der als Mitte Mai zurückgetretener SVN-Präsident auch auch Organisationschef des Wasserballturniers war. In einer per Fax verbreiteten Erklärung werfen ihm seine früheren Präsidiumskollegen vor, ihm sei es ,,nicht gelungen, den teuren Turnier-Etat zu decken". Maier hatte immer wieder betont, die Turnierfinanzen im Griff zu haben. Gestern wollte er sieh zur Sache nicht äußern. Maier hat dem LSB-Präsidenten Wolf-Rüdiger Umbach inzwischen mitgeteilt, dass er sein Amt als Vizepräsident vorerst ruhen lasse.
Maier wird von der SVN-Führungsriege vorgeworfen, er habe die Verträge für das Turnier im Alleingang abgeschlossen. ,,Er hat uns nicht einmal gefragt", sagt Schroeder. Dazu ob Maier wegen des Defizits haftbar gemacht werden kann? wollte sich der SVN-Vizepräsident nicht äußern. Maier sagte: ,,Das weiß ich nicht." Möglicherweise muss auch das restliche Präsidium mit Konsequenzen rechnen, weil ihm fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden könnte.
Peter Fischer, der designierte Schwimm-Landestrainer, hat bereits gehandelt: Er wird die Aufgabe in Hannover nicht übernehmen. Damit gerät auch der Olympia-Stützpunkt Hannover in den Strudel des SVN-Finanzdebakels.

(Hannoversche Allgemeine Zeitung 04.07.2000)


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