Hagen Stamm neuer Wasserball-Bundestrainer

Hagen Stamm soll Nationalteam zu Erfolgen führen

(sid) Die Fußballer haben es vorgemacht. Der erste Schritt aus der Krise ist die Verpflichtung eines neuen "Hoffnungsträgers". Bei den deutschen Wasserballern ist dies Hagen Stamm. Der erfolgreichste deutsche Wasserballer aller Zeiten wird ab sofort als Bundeshonorartrainer die Geschicke der Wasserball-Nationalmannschaft lenken. Erstes Ziel für den 40-Jährigen ist die Qualifikation zur Europameisterschaft im Juni 2001 in Budapest.
"Wir müssen die Karre gemeinsam aus dem Dreck ziehen. Es ist für mich eine Verpflichtung gegenüber der neuen Generation mein Wissen weiter zu geben, damit sie genauso Erfolg hat wie ich ihn hatte. Was wir nun brauchen, sind positiv Verrückte", sagte Stamm nach seiner Ernennung.
Hagen Stamm gewann mit dem Nationalteam zweimal die Europameisterschaft, einmal den Weltcup und 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles Bronze. Der einstige Angreifer des deutschen Rekordmeister Spandau 04 Berlin, dessen Präsident er seit 1995 ist, holte mit seinem Klub viermal den Europapokal an die Spree. Insgesamt spielte er zwischen 1979 und 1992 321 Mal für Deutschland.

Rettungs-Schwimmer
Spandaus Wasserball-Legende Hagen Stamm wird neuer Bundestrainer

Von Torsten Wendlandt (Berliner Morgenpost)

Berlin - Die Galionsfigur des deutschen Wasserballs will der rettende Anker sein. «Ich fühle mich diesem Sport, der momentan international auf dem Beckenboden abgesoffen ist, verpflichtet», sagt Hagen Stamm (40), nachdem er den schwierigen Job des Bundeshonorartrainers übernahm und damit die Nachfolge seines einstigen Teamgefährten Uwe Sterzik (Duisburg) antritt.  
Der Präsident und ehemalige Star-Center des 21-maligen Rekordmeisters Wasserfreunde Spandau 04 (insgesamt über 1500 Tore), mit denen der Berliner Fahrrad-Großhändler viermal den Europacup gewann, sieht sich als «enthusiastischer Repräsentant und Feuerwehrmann» der einst erfolgreichen deutschen Sportart. «Ich möchte dazu beitragen, dass wir bald wieder zu den besten acht Teams Europas gehören und den Anschluss an die Weltspitze wiederfinden», verkündete der Europameister von 1981 und 1989, Weltcupsieger (1985) und Olympia-Dritte (1984) nach der Ligaausschuss-Sitzung des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) in Leipzig.

Der 321-malige Nationalspieler steuert die Qualifikation der Auswahl, die im Mai in Hannover erstmals die Olympischen Spiele verpasst hatte, für die EM 2001 in Budapest an. «Ich werde versuchen, das Quali-Turnier im März nach Berlin zu holen», verspricht Familienvater Stamm (Sohn Marco/12, Tochter Melanie/18), dessen Frau Renate Landestrainerin der Schwimmer ist. «Ich denke auch, dass ich die Zusammenarbeit der Vereine verbessern kann, weil ich dort alle Leute aus meiner aktiven Zeit sehr gut kenne», sagt der Blondschopf optimistisch.  
Hagen Stamm weiß allerdings ebenso, dass er für den finanziell klammen DSV nur eine preiswerte Zwischenlösung ist. Der Honorar-Vertrag mit Sterzik läuft noch, außerdem sind laut Alt-Kontrakt weiterhin Zahlungen an Sportdirektor Nico Firoiu bis zu dessen Pensionierung fällig. «Ich akzeptiere ein bescheidenes Entgeld. Bis zum März sind ohnehin keine zusätzlichen Mittel für Trainingslager frei», erklärt Stamm, dessen neue Aufgabe auf neun Monate befristet ist. «Vorausgesetzt natürlich, wir qualifizieren uns für die EM im Juni.»  
Danach sei definitiv Schluss für Stamm als Rettungsdienst der Wasserballer. «Nach der EM muss sich ein Neuer finden. Ich habe schließlich auch eine Familie und eine andere berufliche Aufgabe. Aber ich bin ein positiv Verrückter», betont der in Britz wohnende Stamm, der sich als ein Art Geburtshelfer betrachtet: «Die neun Monate sind wie eine sportliche Schwangerschaft. Danach soll ein starkes und gesundes Kind geboren sein.»

Berliner Zeitung

Hagen Stamm neuer Bundestrainer - Der Berliner soll Wasserball aus der Krise führen

von Christian Schwager

BERLIN, 27. August. Seit Sonnabend 17.45 Uhr hat Hagen Stamm einen neuen Job. Der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) betraute den Präsidenten des Wasserball-Bundesligisten Wasserfreunde Spandau 04 mit dem Amt des Bundeshonorartrainers. Der Berliner tritt die Nachfolge des Duisburgers Uwe Sterzik an, der nach dem Scheitern der deutschen Wasserball-Nationalmannschaft in der Qualifikation für Olympia 2000 in Sydney als Auswahlcoach abtrat. Stamm soll nun die Qualifikation für die Europameisterschaft 2001 in Budapest sicherstellen.

"Es ging darum, eine Lösung zu finden, die bezahlbar und gleichzeitig repräsentativ ist", erklärt Stamm. Denn Sterzik steht noch bis zum Dezember dieses Jahres auf der Gehaltsliste des Verbandes. Mit seinem Vorgänger Nicolae Firoui, dessen Vertrag ebenfalls noch in Kraft ist, verhandelt der DSV derzeit über eine Vorruhestandsregelung. In Stamm, der 321 Einsätze für die Nationalmannschaft bestritt, steht nun der erfolgreichste deutsche Wasserballer dem Team vor.

In seinem neuen Aufgabenbereich hat sich der Bundestrainer konkrete Ziele gesteckt: "Wir müssen uns wieder unter den Top acht Europas etablieren, denn der deutsche Vereinswasserball braucht eine starke Nationalmannschaft." Bei seinem Vorhaben will Stamm deshalb die Bundesliga-Trainer einbeziehen. "Wir und ihr darf es zwischen Auswahl und Vereinen nicht mehr geben." Bereits für Ende September ist ein erster Lehrgang geplant: "Ich hoffe, dass dann schon einige der Trainer dabei sind."

Kooperation mit den Klubs

Angesprochen ist damit insbesondere Bernd Seidensticker, Übungsleiter von Waspo Hannover. Seine Mannschaft und Spandaus Ensemble stellen zusammen zehn Nationalspieler sowie acht Mitglieder der Juniorenauswahl. "Aber auch Hamm, Duisburg und Uerdingen sind gefordert", sagt Stamm, "weil wenig Geld und Zeit für Lehrgänge der Nationalmannschaft vorhanden sind, muss ein großer Teil der Arbeit in den Vereinen geleistet werden." Sich selbst sieht der 41-Jährige nur als Trainer des Übergangs. "Wenn wieder eine andere Lösung finanzierbar ist, ist meine Aufgabe beendet." 

(27.08.2000)