Champions League 2000

Vor dem Meister-Duell in der Champions League

Mladost Zagreb - WF Spandau 04
VON DR. GÜNTER SCHWILL


Zwei Giganten des europäischen Wasserballs stossen am Sonnabend in Kroatiens Hauptstadt aufeinander: Mladost Zagreb und Wasserfreunde Spandau 04. Keine andere Partie der Champions League weist derart erfolgreiche Vereinsmannschaften auf. Spandau steht im 20. Jahr im Meistercup, Zagreb ist jetzt 14 Mal dabei.

Jede zweite Teilnahme krönten die Kroaten mit dem Pokaltriumph, sie errangen bisher seit ihrem ersten Erfolg im Jahr 1967 im Landesmeistercup 7 Trophäen. Damit ist Mladost Zagreb Rekordhalter in Europa. Spandau betrat erst 1979 die internationale Bühne der Meister und kann sich mit seinen 4 Trophäen auch sehen lassen. Nach Mladost Zagreb (7) und Partizan Belgrad (6) rangieren die Spandauer damit an dritter Stelle der Champions.
Auch mit weiteren internationalen Erfolgen behauptet sich Mladost vor Spandau. Im Wettbewerb der Cupsieger (2x) und im Supercup (3x) erweiterten die Kroaten ihre Trophäensammlung. Spandau konnte sich aber immerhin auch zweimal den LEN-Supercup sichern.
Interessante Rückschlüsse gibt eine Punktwertung aller bisherigen Europacupspiele bei den Landesmeistern. Nach der Aufstellung des bekannten rumänischen Sportjournalisten Adrian Vasiliu hat dabei Spandau die Nase vor Mladost Zagreb. Spandau bestritt in den 20 Jahren seiner Teilnahme am Landesmeister-Cup 162 Spiele, von denen 112 gewonnen und 13 unentschieden gestaltet wurden. Das gibt in der Punktwertung 237 Punkte. Nur eine Mannschaft ist bisher besser in Europa: Partizan Belgrad mit 275 Punkten. Mladost Zagreb bestritt bisher 125 Spiele mit genau 100 Siegen und 10 Unentschieden. Mit 210 Punkten ergibt das Platz 3 der Europa-Tabelle.
Mit grossem Abstand folgen so renommierte Vereine wie ZSKA Moskau, CN Barcelona, Pro Recco Genua, Dinamo Bukarest, Dinamo Moskau, CN Catalunya Barcelona und Vasutas Budapest. Dynamo Magdeburg als zweitbeste deutsche Mannschaft mit bemerkenswerten Leistungen in den 60er Jahren folgt auf Rang 22 mit 53 Punkten vor SV Würzburg 05 auf Platz 24 mit 48 Punkten. Amateur SC Duisburg ist auf Rang 44 mit 19 Punkten zu finden noch vor Rote Erde Hamm, Rang 48, mit 16 Punkten. Dynamo Ost-Berlin, Rang 72, brachte es bei einer Teilnahme auf 7 Punkte, während Waspo Hannover, 1993 im Meistercup vertreten, in 4 Spielen immerhin 26 Tore schoss, aber ohne jeden Punktgewinn blieb und auf Rang 120 in Europa steht. Vor Waspo rangiert noch Halle-Neustadt, der letzte DDR-Meister, der 1990 einen kurzen Auftritt in Zagreb hatte und mit 21:1 die Überlegenheit von Mladost anerkennen musste.

Kampf bis zur Verlängerung

Obwohl Mladost Zagreb und WF Spandau 04 zu den "Veteranen" im Europacup zählen, sind sie fast nie aufeinander getroffen. Ein einziges Mal nur führte der Weg sie zusammen: 1989. Beide Clubs hatten sich in jenem Jahr für das Finale qualifiziert, das damals mit Hin- und Rückspiel ausgetragen wurde.
Spandau hatte am 18.November zuerst Heimrecht. In einer begeisternden Partie in Schöneberg schien Spandau schon den Gesamtsieg im ersten Spiel klar machen zu können. 10:7 stand es gut zwei Minuten vor Spielschluss, ein komfortabler Vorsprung. Doch eine Energieleistung der Gäste brachte noch den 10:9-Anschluss, das letzte Tor der Kroaten schoss Perica Bukic. Spandaus Trainer Uwe Gassmann sah sich aus allen Träumen gerissen, die erfolgreiche Titelverteidigung war in Gefahr.
Eine Woche später erwartete Spandau dann ein Hexenkessel in Zagreb. In der mit fast 5000 Zuschauern völlig überbesetzten neuen Schwimmhalle gab es einen Höllenlärm. Die einheimische Mannschaft wurde regelrecht zum Erfolg gepeitscht. Doch Spandau blieb cool, 8:9 stand es am Schluss, in der Addition beider Ergebnisse bedeutete das Verlängerung. Noch einmal ging Spandau durch eine Energieleistung von Hagen Stamm in Führung, doch in der zweiten Hälfte der Extrazeit schoss der kroatische Jungstar Dubravko Simenc noch zwei Treffer für Zagreb, den letzten 1 Sekunde vor Spielschluss. Das bedeutete den Sieg. Welch Europapokal-Triumph!
Das Publikum war so fair, dass es beide Mannschaften gleich stark mit Applaus bedachte. Dieses Spiel hatte auch in Wirklichkeit keinen Verlierer verdient. Der ganz grosse Verlierer jedoch hiess Uwe Gassmann. Dieses Spiel war sein letztes auf internationaler Bühne. Eine heimtückische Krankheit machte alsbald alle seinen grossen Pläne zunichte, für Spandau kamen magere Jahre.
Festgehalten werden sollen die Spieler beider Teams: (In Klammern die Torerfolge von Hin- und Rückspiel).
WF Spandau 04: Peter Röhle, Raul de la Pena (1/2), Piotr Bukowski (-/2), André König, Armando Fernandez (2/-), Andreas Ehrl, Bernd Jatzlau (Tw), Oliver Will, Hagen Stamm (1/3), René Reimann (2/-), Dirk Theismann (1/1), Carsten Kusch, Carsten Priefer (3/1). Trainer: Uwe Gassmann.
Mladost Zagreb: Andrija Popovic, Mladen Miskulin (1/2), Kresimir Rukavina, Dubravko Simenc (2/5), Zoran Filipovic, Boris Katic, Damir Vincek, Davor Erjavec (1/-), Milorad Damjanic (1/1), Perica Bukic (2/2), Ladislav Vidumanski (1/-), Josip Vezjak (1/1), Tomaz Lasic. Trainer: Dusko Antunovic

Mehr als 10 Jahre sind inzwischen vergangen, die Weichen bei Spandau sind wieder auf Erfolg gestellt. Am Sonnabend wird es in Zagreb mit den beiden inzwischen zu Wasserball-Legenden gewordenen Spielern Simenc und Bukic ein Wiedersehen geben. Dubravko Simenc ist erst in der letzten Woche von der kroatischen Sportpresse als bester Spieler Kroatiens ausgezeichnet worden, aber seine "Bewegungen" werden allmählich langsamer. Das ist Spandaus grosse Chance, gegen eine in die Jahre gekommene Klassemannschaft zu bestehen. Peter Röhle als Trainer kennt jeden einzelnen Gegenspieler, mit André König, der auch schon 1989 dabei war, hat er einen Oldie in seinen Reihen, um notfalls auf dessen Erfahrungen als Centerverteidiger zurückgreifen zu können. Das System der Champions League verlangt bei unentschiedenem Ausgang eine Verlängerung. Vielleicht ist das Glück diesmal den Spandauern hold.


Startseite News