Olympia-Qualifikation der Frauen

Das Kuckucksei der FINA

Warum Deutschlands Frauen Europas grosse Hoffnung sind


VON DR. GÜNTER SCHWILL


Das Anliegen an sich war ehrenwert, als sich die FINA um eine weltweite Förderung des Frauen-Wasserballsports bemühte. Nur die Wirkung war nicht durchdacht, ist inzwischen fatal und absolut gegen den Leistungsgedanken gerichtet. Gemeint sind die Regularien zur Auswahl der sechs Frauen-Mannschaften, die an der Olympia-Premiere in Sydney teilnehmen sollen.

Der Grundgedanke: Die Vorherrschaft Europas zu Gunsten anderer Kontinente begrenzen mit Hilfe von drei Vorgaben:
1.) Veranstalter Australien wird gesetzt.
2.) Amerika muss mindestens mit einer Mannschaft vertreten sein.
3.) Die Kontinente Asien und Afrika beteiligen bei Nachweis eines Mindeststandards.
Zu 1.) Es ist gängige Praxis, dem Veranstalterland die Teilnahme zu sichern. Bei der hohen Leistungsstärke des australischen Teams gehört die Mannschaft des fünften Kontinents ohne Frage sportlich in diesen Kreis.

Zu 2.) Peinlich erwies sich der Qualifikationsmodus für ein amerikanisches Team. Statt den Sieger der PAN-AM-Games zu berücksichtigen, wollte man den FINA-Cup aufwerten, an dem die USA und Kanada teilnahmen. Der von beiden besser Qualifizierte sollte den Amerika-Platz erhalten. Nun landeten Kanada und die USA abgeschlagen auf unteren Rängen, drei Europäer vor ihnen. Einzig der Cupsieger Niederlande erwarb das Olympiaticket, dazu der Fünftplazierte Kanada. Die sportlich starken Italiener blieben ebenso unberücksichtigt wie die Ungarn. Schon damals äusserte der Italien-Coach Luigi Formiconi sinngemäss, "dass die Olympia-Qualifikation schwerer zu meistern sei als in Sydney eine Medaille zu erreichen."
Dass Italien in Florenz wenig später in einem begeisternden Finale Europameister wurde, brachte keinen Olympia-Bonus.

Zu 3.) Die letzten drei freien Plätze für Sydney werden nun im Qualifikationsturnier vom 22.- 30. April in Palermo vergeben. In Wirklichkeit wird sportlich aber nur um zwei Plätze gespielt. Denn den beiden Asien-Vertretern Kasachstan und Japan wird ein so hoher Bonus gewährt, dass ein Scheitern nur bei vorherigem "Ertrinken" denkbar scheint. Schon mit dem Erreichen des 8.Platzes ist der Weg nach Australien frei. Glücklicherweise hat kein Afrika-Vertreter gemeldet; es wäre zwar Farbe, aber keine Leistung ins Olympiaprogramm gekommen.

Europäische Solidarität gefragt

Der Modus in Palermo führt Gruppe A (Italien, Griechenland und Deutschland) mit Gruppe B (USA, Kasachstan und Tschechien) zusammen. Wenn Kasachstan unter diesen sechs Mannschaften Rang 4 und damit die Zwischenrunde erreicht, ist das grosse Ziel Olympia perfekt. Wer soll das verhindern? Dafür kommt nur Deutschland in Frage. Beim Ungarn-Cup am letzten Wochenende trennten sich beide Mannschaften 9:9 unentschieden. Italien war klar besser, auch die USA wird stärker eingeschätzt, doch schon Griechenland wurde in Ungarn von Kasachstan bezwungen. Sind die Griechen noch steigerungsfähig, wenn es um alles geht? Ein deutscher Sieg über Kasachstan wäre europäische Solidarität und diente der echten sportlichen Qualifikation.
In der anderen Gruppe dürften Ungarn und Russland die Spitze belegen. Die Halbfinalspiele, von beiden Gruppen überkreuz gespielt, werden dann zu den "Wahrsagern" des Turniers. Die Gewinner dürfen in jedem Fall jubeln, die Verlierer werden am Gerechtigkeitssinn der FINA-Funktionäre zweifeln, der einem Kuckucksei nicht unähnlich scheint.

c o p y r i g h t by Dr. G. Schwill, 4/2000

(03.04.2000)


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