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Olympia-Qualifikation,  vorletzter Spieltag  

Zum Ausscheiden der Nationalmannschaft


VON DR. GÜNTER SCHWILL


Deutschland hat den Olympiazug verpasst. Im Spiel gegen Rumänien gab es am vorletzten Tag des Qualifikationsturniers eine 8:10 (1:2,2:3,2:3,3:2)-Niederlage, durch die sich alle Wunschträume für Sydney abrupt verflüchtigten. Dem deutschen Team wird nicht der Kampfeswille abgesprochen. Die Niederlage war knapp und hätte mit einem besseren "Horoskop" vielleicht vermieden werden können. Sie änderte aber grundsätzlich nichts an der derzeitigen Misere im deutschen Wasserball. Die Tore von Reimann (3), Noerbaek (2), De la Peña, Dierolf und Schertwitis (je 1) reichten an diesem Tag nicht, das gut aufgelegte rumänische Team zu bezwingen. Die Rumänen hatten von Anfang an die Initiative ergriffen, Deutschland reagierte immer nur und musste zweimal grossen Rückständen nachlaufen, so beim 1:4 zum 5:5 und beim 5:8 zum 7:8. In einer derartigen Drangperiode mit aufgerückter Abwehr ist jede Mannschaft konteranfällig. Für Rumänien war dieser Sieg nur ein Etappenerfolg. Nun heisst es, sich gegen den Sieger des zweiten "kleinen Halbfinals" zu behaupten. Hier waren die Niederlande mit 8:7 glücklicher Sieger gegen Kuba. Deutschland trifft in der Schlussbegegnung auf Kuba, um den irrelevanten 7. oder 8. Platz zu belegen. In der Zwischenrunde spielten beide Teams schon einmal gegeneinander, Deutschland gewann 12:8.

Alle Ergebnisse des 7. Spieltages:

Platz 9 - 12:
Polen - Frankreich             9:7
Brasilien - Kanada             8:7

Platz 5 - 8:
Rumänien - Deutschland  10:8
Niederlande - Kuba          8:7

Halbfinale:
Jugoslawien - Slowakei    14:5
Russland - Griechenland   11:5    

Europa bleibt Wasserball-Domäne

Eine Zwischenbilanz kann bereits jetzt gezogen werden. Die fünf freien Plätze für Sydney gingen alle an Mannschaften aus Europa. Der weltweite Anspruch der FINA in Fragen des Wasserballs hat sich erneut nicht verwirklichen lassen. Nach Atlanta (11 Europäer mit Gastgeber USA) sieht Sydney 9 Europäer. Die restlichen drei Mannschaften verdanken ihre Olympiateilnahme der Kontinent-Regel, nach der die Erdteilmeister einen für sie reservierten Platz einnehmen (USA und Kasachstan). Australien ist als Veranstalter automatisch teilnahmeberechtigt. In Afrika dagegen liegt das Niveau so niedrig, dass selbst finanzielle Hilfen keine Meldung erbrachten. Dieses unübersehbare Leistungsgefälle in der Welt sollte zukünftig stärker berücksichtigt werden. In dieser Frage muss Europa viel mehr auftrumpfen! Mammutturniere dieser Grössenordnung mit horrenden Kosten machen nicht viel Sinn. Ein Verteilerschlüssel, wie er sich jetzt für Sydney ergibt, entspricht auch der zukünftigen Zusammensetzung eines Zwölferfeldes    

Auf vier Pfeilern ruht der Erfolg Trainer -  Funktionäre  -  Mannschaft  -  Umfeld

Es ist leicht, bei Misserfolgen den Trainer schuldig zu sprechen und sich von ihm zu trennen. Erst muss eine hochkarätige Alternative dasein und vor allen Dingen auch bezahlbar sein. Uwe Sterzik hat für sein kleines Honorar überproportional gut gearbeitet. Er war ein Glücksgriff für den DSV, dessen Strukturen einfach den Gegebenheiten unserer Zeit um Jahrzehnte hinterherhinken. Sie passen nicht heute und nicht morgen, nur ein radikaler Schnitt kann neue Kräfte binden und aus der sportlichen Talsohle herausführen.   Das Gleiche gilt für das Ehrenamt des Wasserballwarts. Er war gefesselt von den Zwängen des schmalen Etats. Nach dem Misserfolg von Hannover werden die Zeiten nicht rosiger. Sollte EVR zur Disposition stehen oder selbst ausscheiden wollen, sollte so lange um ihn gekämpft werden, bis eine echte Alternative mit einem perfekten Konzept auftritt. Der Posten ist keine "Trophäe" für eine automatische Beförderung von Amtsträgern mit langen Funktionärszeiten.

Der Mannschaft, die aus Altersgründen jetzt auseinanderzufallen droht, ist trotz aller Kritik Respekt zu zollen. Sie hat, fast im Coubertinschen Sinn, für ihre Ideale grosse Opfer gebracht, finanziell, beruflich und im privaten Bereich. Die Zuwendungen wären eine zu vernachlässigende Grösse, wenn nicht für jeden der sportliche Ehrgeiz in der Werteskala ganz oben stände. Auch hier gilt, dass mit einer grundlegenden Änderung der psycho-sozialen Betreuung der Aktiven, die richtig Geld kostet, in Zukunft keine internationalen Erfolge mehr möglich sein werden.

In den A-Kader gehören mehr Juniorenspieler.  

Zum Umfeld gehören Trainerkapazitäten. Wo waren in Hannover die Bundesligatrainer? Jeder hätte dort Lehrstunden erhalten können. Mit der Trainerschulung und -ausbildung liegt es beim DSV im Argen. Auch die Nachwuchsarbeit ist viel zu schwach, die besten Trainer gehören in die Jugendarbeit. Erfolge dort müssten honoriert werden. Warum gibt es eigentlich keine Zusammenarbeit mit den Schulen?  Medienarbeit, Marketing und Sponsorship müssen von Profis betrieben werden, und, und, und.   Viele Fragen stellen sich nach Hannover, dies ist erst ein kleiner Anstoss. Die Talfahrt im deutschen Wasserball setzte nicht erst hier ein, hier wurde sie nur sichtbar. Aber auch hier, wie immer, ein Trost zum Ausscheiden der Nationalmannschaft:  In jedem Abschied liegt ein neuer Anfang!

 


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