Die
Olympia-Qualifikation - Teil III und Schluß
Deutschland Weltspitze zu
Spandauer Glanzzeiten
VON DR. GÜNTER SCHWILL
Obwohl 1976 in Montreal das Olympiaturnier auf 12
Mannschaften zurückgestutzt worden war, kam Deutschland
ohne Qualifikation in diesen Teilnehmerkreis.
Ausschlaggebend war die Platzierung bei der II.Weltmeisterschaft
im Jahr zuvor in Cali/Kolumbien, bei der Deutschland glücklich
"durch höhere Gewalt" auf Platz 6 gelandet war.
Der später als Trainer die Wasserballwelt beherrschende
Ratko Rudic war bei einer Routineüberprüfung auf
Dopingmittel auffällig geworden. Sein Team Jugoslawien
wurde von einem vorderen Platz zurückgestuft und
Deutschland als Gruppengegner profitierte davon. Die
Vorbereitung der Nationalmannschaft unter dem neuen aus
Rumänien stammenden Trainer Nicolae Firoiu rechtfertigte
diese Einstufung. Deutschland spielte im Hauptfeld und
belegte in Montreal Platz 6.
Auch für 1980 in Moskau war Deutschland
automatisch qualifiziert. Ausschlaggebend hierfür war
der 7. Platz bei der III. Weltmeisterschaft in Berlin
1978. Der politische Boykott der Spiele in der
Sowjetunion durch die USA und Deutschland brachte die
Veranstalter in Moskau in Schwierigkeiten, da auch die
Nachrücker des Qualifikationsturniers in Sofia, Kanada
und China, sich dem Boykott anschlossen.
Prompt folgte1984 in Los Angeles die Retourkutsche
seitens der linientreuen kommunistischen Länder mit
ihrem Boykott. Die Bronzemedaille bei der IV.Weltmeisterschaft
in Guayaquil/Ecuador mit dem starken Spandauer Block im
deutschen Team hatte nicht nur automatisch die Olympia-Teilnahme
für Amerika gesichert, sondern liess Deutschland nach
dem Fernbleiben der Ostblock-Favoriten über Nacht zum
Olympia-Geheimtipp aufsteigen. Der Nervendruck war dann
doch zu gross, immerhin kamen die 13 bundesdeutschen
Wasserballer mit Olympia-Bronze dekoriert zurück. Die Überraschung
des Turniers hatte ein ganz junges Team aus Jugoslawien
geschafft. Sein Trainer hiess: Ratko Rudic.
Auch für 1988 in Seoul war das Wort "Qualifikation"
für Deutschland kein Thema. Das Team hatte sein Gesicht
gewandelt, so wie in vier Jahren auch das Schicksal die
Trainerposition in Spandau durch den überraschenden Tod
Alfred Balens neu besetzte. Spandau stellte weiterhin die
Kernmannschaft mit fünf Spielern. Als souveräner
Gruppensieger schien sich ein noch grösserer Erfolg als
in Los Angeles anzubahnen, doch die Ernüchterung kam.
Wieder blockierte Jugoslawien den grossen Erfolg (Trainer
Ratko Rudic), der dann auch noch im Spiel um Platz 3
gegen die Sowjetunion entglitt.
Für 1992 in Barcelona gehörte Deutschland ganz
selbstverständlich zu den gesetzten Mannschaften. Ein fünfter
Platz bei der Weltmeisterschaft 1991 in Perth garantierte
die Olympia-Teilnahme. Doch das olympische
Erscheinungsbild spiegelte das zuvor herrschende Chaos in
Deutschland. Cheftrainer Firoiu war abgesetzt worden,
Spandaus neuer Trainer Uwe Gassmann, der Deutschland 1989
zur Europameisterschaft geführt hatte, war jung und
unerwartet verstorben. Sein Co-Trainer Uwe Brinkmann
konnte wirtschaftlich nicht abgesichert werden, wie auch
ein ausländischer Favorit (Ratko Rudic war im Gespräch)
nicht bezahlt werden konnte. Karl-Heinz Scholten sprang
engagiert in die Bresche, doch ein Spielerstreik aus
Hannover raubte dem Team alle Chancen und demotivierte
den Coach. Ein 7.Platz im Zwölferfeld von Barcelona war
viel weniger, als an Potenzial möglich gewesen wäre.
Olympiasieger wurde Italien, der neue Coach: Ratko Rudic.
1996 in Atlanta konnte nur über ein
Qualifikationsturnier erreicht werden, da ein 9.Rang bei
der WM 1994 in Rom den direkten Zugang für Olympia
ausschloss. Dem DSV gelang es, dieses wichtige Turnier im
Februar 1996 nach Berlin zu bekommen. Im 16er-Feld mit
Mannschaften aus aller Welt fiel es der deutschen
Mannschaft unter dem wieder berufenen Nicolae Firoiu, der
im Vorjahr mit Bronze bei der EM in Wien geglänzt hatte,
sehr schwer, die Tickets für Atlanta zu lösen.
Es gelang, aber der Abstand zur Weltspitze war beträchtlich.
Rang 9 war das Maximum in Atlanta. Der Abstand wurde noch
grösser, wie sich bei der EM in Sevilla 1997 zeigte.
Dort wurde sogar die Teilnahme an der 16 Mannschaften
umfassenden WM in Perth 1998 verpasst.
Vor zwei Jahren startete der DSV einen Neubeginn. Ewald
Voigt-Rademacher als neuer Wasserballwart steuert
zielstrebig auf die Teilnahme an den olympischen
Jahrtausendspielen hin. Mit dem jungen Coach Uwe Sterzik,
seit ebenfalls zwei Jahren im Amt, soll in Hannover die
Barriere "Qualifikation" genommen werden. Er
baut dabei zu einem hohen Prozentsatz auf den neu
gewonnenen Spandau-Impuls durch die in der Champions
League gewonnenen Erfahrungen und auf das Heimrecht. Doch,
wie Palermo zeigte, muss der Erfolg ganz hart erkämpft
werden.
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by Dr. Günter Schwill, 1.Mai 2000
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