Der Bademeister als Spielverderber

Warum die Damen in Italien nur warm baden

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Zum Wasserball-Punktspiel in Italiens Elite-Liga der Frauen reiste der S.C.Volturno, siebenfacher Italienischer Meister, am Sonntag nach Padua. Längst vorbei die meisterlichen Zeiten für Volturno, in diesem Jahr hatte der Abstiegskampf die Gemüter erhitzt. Der Konkurrent war punktgleich. Welche Taktik sollte eingeschlagen werden?
Es wurde eine ganz neue Variante erprobt, und die zeigte sich als überaus erfolgreich. Es wurde gar nicht gespielt, 500 km hin, 500 km her. Den Damen aus dem Süden des Landes war das Wasser einfach zu kühl, ihr Eintauchen blieb aus. Und diese Haltung wurde noch mit drei wichtigen Punkten belohnt.

Eine Kontrollmessung durch den Bademeister ergab eine Temperatur von 23,5° C. Das war laut Reglement zu wenig, denn der Verband schreibt 24° C Mindesttemperatur vor. Der Bademeister bemühte sich um Abhilfe, doch sonntags lief die Warmwasserzufuhr nicht. Eine erneute Messung ergab gar nur noch 23,2° C. Das Spiel war den Damen aus dem sonnigen Süden nicht zuzumuten, befand der Schiedsrichter. Er erklärte die Partie für den Gastgeber Plebiscito Padua wegen nicht ausreichend erwärmten Wassers mit 5:0 für verloren.

Ein Blick in die Wettkampfbestimmungen des Deutschen Schwimm-Verbandes bringt einen interessanten Vergleich. Der § 311 regelt die Wassertemperatur, es heisst da:" Amtliche Spiele sind bei einer Wassertemperatur unter 20° C abzusetzen."
Früher waren sogar nur 18° erforderlich. Selbst bei dieser Mindestgrenze wurde noch vielfach "korrigiert". War nämlich dieser Wert unterschritten, sprang der Bademeister ins Wasser, machte eine warme Stelle, hielt sein Thermometer dorthin, entdeckte stolze 18,1° C auf der Skala und erklärte diese Temperatur für amtlich.

Eleganter verfuhr einmal in dem kalten Sommer 1956 der SC Rote Erde Hamm. Um die 36. Deutsche Wasserball-Meisterschaft zu retten, wurde eine Dampflokomotive auf schnell gelegten Geleisen ans Becken gefahren und als Wärmetauscher genutzt. Das waren noch Zeiten, als auch Rote Erde Hamm ständig unter Dampf stand.

Zurück zu den Damen in Italien. Wenn nicht am gleichen Tage Gifa Palermo, eine der 10 Erstligamannschaften, in Athen den Europacup der Pokalsieger gewonnen hätte und Orizzonte Catania, Nachfolger von Volturno als Meister Italiens, grosse Spiele im Europacup der Landesmeister gezeigt hätte (u.a. einen 13:5-Sieg gegen den Deutschen Meister Hohenlimburger SV), hätte die Nachricht aus Padua eine verspätete Karnevalsnummer sein können.

(copyright: Dr.Günter Schwill 13.03.2000)


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