Wasserball
,,Einziger
Sponsor sind meine Eltern"

DIE
WM IM BLICK: Marc Politze (Waspo Hannover) muss Studium
und sportliche Karriere unter einen Hut kriegen. Jetzt
will er mit dem Nationalteam nach Japan (Foto: zur Nieden)
Der 23-Jährige
Marc Politze vom Wasserball-Vizemeister Waspo Hannover
ist nicht nur Bundesliga-Torschützenkönig, sondern war
auch erfolgreichster deutscher Werfer bei der
Europameisterschaft in Budapest. Nach seiner Rückkehr
sprach unser Mitarbeiter Gerd Kujath mit ihm über die
Probleme, Hochleistungen in einer Sportart zu liefern,
die hier zu Lande am Rand steht.
Herr Politze, herzlichen Glückwunsch zum 9.
Platz, vor allem aber zu Ihrer tollen Leistung. Sie waren
zweifellos der beste Amateur bei diesem Turnier. Rennen
Ihnen nun Sponsoren die Tür ein?
Danke für das Lob, aber es war noch viel mehr drin.
Statt gegen die Slowakei und Kroatien unentschieden zu
spielen, hatten wir realistische Siegchancen. Zu Ihrer
Frage kann ich nur sagen: Das wäre schön. Mein einziger
Sponsor außer Waspo, das einen Teil meiner Miete
bezahlt, sind meine Eltern. Die geben mir etwas zu meinem
Lebensunterhalt dazu. Darüber hinaus muss ich in den
Semesterferien arbeiten. Denn nach der verpatzten
Olympiaqualifikation vor einem Jahr erhalte ich vom
Landessportbund und der Sporthilfe keinen Pfennig mehr.
Durch die Trainingslehrgänge mit der
Nationalmannschaft und die internationalen Wettbewerbe können
Sie nicht so intensiv wie Ihre Kommilitonen studieren,
die keine Leistungssportler sind, und müssen dennoch
Klausuren bestehen. Zeichnet sich eine Kompromisslösung
ab, so dass Sie an der Weltmeisterschaft in einem Monat
teilnehmen können?
Der
Olympiastützpunkt hat erreicht, dass sich die Prüfungskommission
für Wirtschaftswissenschaften an diesem Wochenende mit
meinem Fall befasst - mit dem Ziel, dass ich die Juli-Klausuren
im September nachholen kann. Wasserball-Bundestrainer
Hagen Stamm und ich telefonieren heute noch mit den
entsprechenden Professoren. Stamm hat mir gesagt: ,,Ohne
dich brauchen wir gar nicht erst zur Weltmeisterschaft
nach Japan zu fliegen."
Ist die Finanzierung für Fukuoka überhaupt gewährleistet?
Wie es aussieht, ja, trotz der Dissonanzen mit dem
Deutschen Schwimm-Verband wegen des von uns selbst
besorgten Werbepartners auf unseren Kappen. Soweit man hört,
hat sich der zentrale Vermarkter des DSV übergangen gefühlt
und sogar eine Sperre der Nationalspieler für die
Bundesliga verlangt. Aber nichtsdestotrotz: Wir müssen
uns ohnehin stärker von unserem Verband lösen.
Welche Schritte sind dafür notwendig?
Zunächst einmal ein gutes Resultat bei der
Weltmeisterschaft, weil davon direkt die Förderung abhängt.
Wir sind zurzeit in der untersten Stufe, bekommen also
nichts. Als Elfter kämen wir in Stufe 2, als Achter würden
wir den Höchstsatz erreichen. Dann könnten wir gegenüber
dem DSV auch ganz anders auftreten.
Was trennt denn Deutschland von den besten acht
Mannschaften?
Von den ersten vier noch sehr viel, vom Achten aber nur
ein Wimpernschlag.
Das hat Budapest gezeigt. Allerdings kommen in Japan bei
16 Teilnehmern noch die USA und Australien hinzu. Da
werden sich sechs Teams um die Plätze 7 bis 13 streiten.
Doch an einem guten Tag können wir in unserer schweren
Gruppe selbst Griechenland schlagen.
Wie
sehen Sie Ihre sowie die Perspektive des deutschen
Wasserballs?
Für die nahe Zukunft ist das Wichtigste, dass ich nach
Japan mitfahren kann. Wir haben mit unserer jungen Truppe
den ersten Schritt zum Neuanfang gemacht, der nächste
soll in Fukuoka folgen. Dann wäre es mir um die
kommenden Jahre nicht bange. Persönlich könnte ich mir
nach Abschluss meines Studiums durchaus einmal einen
Wechsel ins Ausland vorstellen.
Die Fragen
stellte Gerd Kujath
(Hannoversche
Allgemeine Zeitung 27. Juni 2001)
|