Alexander auf EM-Kurs

Laatzen (kuj). Manchmal hat der Abstieg einer Mannschaft für einzelne Spieler einen sportlichen Aufstieg zur Folge. Exakt so verhält es sich bei Alexander Hamann, dem l9jährigen Wasserballer der SpVg Laatzen, der sich bis Sonntag im hannoverschen Stadionbad mit der deutschen Junioren-Nationalmannschaft für die Europameisterschaft Ende August in Bratislava qualifizieren möchte. Denn der kräftige Abwehrspezialist kommt weder aus Laatzen noch von SpVg-Kooperationspartner Waspo Linden, sondern aus dem Leipziger Stadtteil Connewitz.

Der Schritt aus Sachsens Messestadt in den hiesigen Landkreis zu Beginn dieser Saison vollzog sich, weil sein Club Lips Leipzig den Weg in die Drittklassigkeit antreten mußte. Da zudem die Sportförderkompanie der Bundeswehr für die Wasserballer seit September in Bothfeld beheimatet ist und diese vom Olympiastützpunkt und Nationaltrainer Andras Feher betreut wird. ,,Es war es logisch, hier meinen Dienst anzutreten und in Laatzen zu spielen", sagt Alexander. Sieht allerdings sein Teamkollege Daniele Polverino von Waspo nach dem Ende der Grundausbildung das Kasernentor nunmehr nur noch von außen, muß er nach wie vor auf der Stube schlafen, ,,denn die U-Bahn fährt nach dem Training nicht bis Leipzig", juxt er.

Daß er überhaupt so erfolgreich Wasserball spielt, ist angesichts der Sportgeschichte der ehemaligen DDR erstaunlich und hat entscheidend mit den Jahren der politischen Wende zu tun.

Alexanders Talent als Schwimmer wurde nämlich schon früh entdeckt, so daß er auf eine Kinder- und Jugendsportschule kam, die mit der wissenschaftlichen Unterstützung der Deutschen Hochschule für Sport- und Körperkultur in Leipzig künftige Weltmeister und Olympiasieger schmieden sollte. ,,Ende der 60er Jahre wurde in der DDR jegliche Wasserballförderung eingestellt, da die Verantwortlichen meinten, die Mittel seien für zwölf Schwimmer, die Medaillen holen, sinnvoller angelegt als eine Mannschaft zu formen, die vielleicht nur Achter wird", beschreibt Alexander diese Epoche.

Als jedoch biomechanische Messungen ergaben, daß es zum ganz großen Sprung auf ein internationales Siegerpodest nicht reichen würde und er bereits durch das Selektionsraster zu fallen drohte, erschien ihm in der Person des letzten DDR-Wasserball-Auswahltrainers Hans Gabriel sein Sportlicher Retter. Gabriel war 1993 aus der inneren Emigration wieder aufgetaucht und suchte gute Schwimmer, die statt monoton ihre Bahnen zu ziehen lieber den Ball im Wasser laufen lassen wollten. ,,Diese Chance habe ich sofort ergriffen und bis heute nicht bereut", erklärt Alexander, ,,ebensowenig wie den Wechsel nach Laatzen".

Befürchtungen, ,,als Ossie diskriminiert zu werden", habe es anfangs zwar gegeben, ,,aber die sind schnell zerstreut worden, weil sich hier alle akzeptieren", meint er. Das sei auch seinem Spiel anzumerken, betonen die Trainer.

,,Durch die regelmäßigen Übungseinheiten hat er sich enorm weiterentwickelt", bestätigt Andras Feher. ,,Mein flexibelster Akteur, von dem noch viel zu erwarten ist", lobt ihn SpVg-Coach Marcus Elbrecht. In einem Jahr habe er sich vielleicht sogar das Sächseln abgewöhnt, wird inzwischen in Alt-Laatzen gemutmaßt.

(Quelle Leine-Nachrichten Mai 1998)

Alexander Hamann (13 KByte)
Alexander Hamann
Nachwuchstalent der SpVg Laatzen

Foto: Kinsey

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