20:7 - SV Cannstatt: Kantersieg im Wasserball-Derby Stuttgart

Esslingen feuert Golubic

Den Paukenschlag gab es schon vor dem Showdown: Wasserball-Bundesligist SSV Esslingen hat sich vor der Partie gegen den SV Cannstatt von seinem Trainer Davor Golubic getrennt. Cannstatt feierte daraufhin einen seiner höchsten Liga-Siege überhaupt - 20:7 (5:2, 6:3, 4:2, 5:0).
Der 23 Jahre alte Kroate, erst Ende November vom SSVE verpflichtet, saß am Samstag bereits nicht mehr auf der Bank. Innerhalb von 16 Monaten hat Esslingen damit vier Trainer verschlissen. ,,Wir hatten Meinungsverschiedenheiten'', gab sich Esslingens sportlicher Leiter Enrico Bertazzoni zugeknöpft. Zunächst hatte zwischen dem Verein und Golubic sogar ein Arbeitsgerichtsprozess gedroht. Am gestrigen Sonntag einigten sich die beiden Parteien dann auf die offizielle Lesart: ,,Trennung im beiderseitigen Einvernehmen.''
Nach einer Serie von zehn Niederlagen nach seinem Amtsantritt hatte Golubic mit der Mannschaft in einer Energieleistung den vorzeitigen Klassenerhalt in der Bundesliga geschafft. Doch die ,,Schleifer-Methoden'' des jungen ,,Wasserball-Professors'' aus Zagreb trafen nicht bei allen Esslinger Spielern auf Gegenliebe.
Im Derby spielte der SV Cannstatt den SSVE förmlich an die Wand. Nationalspieler Steffen Dierolf stockte seine Erfolgsquote mit sechs Treffern kräftig auf. Die übrigen SVC-Tore erzielten Jans Halapi, Joszef Vajda (je 3), Vedran Pirija, Peter Ambrus, Jürgen Rüdt (je 2) und Bastian Lehmann. Für Esslingen waren Markus Mögel (3), Matthias Zielke (2), Axel Heintel und Heiko Nossek erfolgreich.

(STZ 26.06.00 Hans-Peter Sick)

Der Trainer sitzt bei den Fans

ESSLINGEN. Die Bundesliga-Wasserballer des SSV Esslingen haben das letzte Saisonspiel gegen den SV Cannstatt 7:20 (2:5, 3:6, 2:4, 0:5) verloren. Momentan haben die Esslinger allerdings andere Sorgen: Sie müssen sich wieder einmal auf Trainersuche begeben.

Von Katrin Gros
Davorin Golubic erschien am Samstag zum Spiel im Untertürkheimer Inselbad.
Doch der Kroate, der erst vor einem halben Jahr als Coach verpflichtet worden war, nahm nicht etwa auf der Trainerbank, sondern auf den Zuschauerrängen Platz. Esslingens Vorstandsmitglied Herbert Schnaidt klärte auf: "Wir haben uns am Freitagabend in beiderseitigem Einvernehmen getrennt.'' Der SSV Esslingen steht also wieder einmal ohne einen Trainer da. Mit dem ehemaligen Torwart Wolfgang Arndt und dem erst 23-jährigen Golubic kamen und gingen in dieser Saison zwei Trainer. Nun muss erneut gesucht werden. "Wir haben noch keine ernsthaften Kontakte aufgenommen'', sagte der sportliche Leiter Enrico Bertazzoni.
Sportlich gesehen kann man die Saison des Aufsteigers als gelungen ansehen, denn bereits vor Wochen stand der Klassenverbleib fest. Kapitän Markus Hahn schreibt diesen Erfolg allerdings "mehr der Mannschaft zu''. Deutliche Worte, die erkennen lassen, dass die Chemie zwischen dem Trainer und den Spielern nicht gestimmt haben kann. Bereits wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hatte sich Golubic in der Mannschaft nicht nur Freunde gemacht.
Einige Spieler kündigten bereits im Februar an, dass sie den Verein im Falle einer Verlängerung des Vertrags mit Golubic verlassen würden.
Damals freilich schien der Vorstand, zumindest nach außen hin, noch hinter dem neuen Trainer zu stehen. "Dann müssen wir uns eben von einigen Spielern trennen'', hatte Vorstandsmitglied Schnaidt im März gesagt. Doch seitdem ist einiges passiert. Immer häufiger wurden einzelne Spieler vom Trainer vor der Mannschaft persönlich angegriffen. Der Unmut schlug sich auf die Stimmung im Team nieder. "Auf Dauer konnte das nicht mehr funktionieren'', sagt Hahn.
Vor allem hätte jedoch die Kommunikation zwischen Golubic, der nach wenigen Wochen schon sehr gut deutsch sprach, und dem Team gefehlt. Nach Ansicht des Kapitäns waren die Probleme aber auch mit auf die gegensätzliche Einstellung zum Wasserball zurückzuführen: "Dort, wo der Trainer her kam, war Wasserball die Nummer eins, und erst dann kam der Beruf. Mit diesem Anspruch ist er auch in Esslingen angetreten, doch hier funktioniert das nicht.''
Der Vorstand des SSVE wurde durch Briefe und Telefonate über die Probleme mit Golubic informiert. Gespräche mit der Mannschaft und auch mit dem Trainer waren die Folge. Der erhoffte Erfolg blieb allerdings aus. "Wir haben uns eingehend mit beiden Seiten unterhalten, haben einiges geklärt.
Doch am nächsten Tag war im Training alles wieder beim Alten'', sagt Schnaidt.
Die "zwischenmenschlichen Probleme'' (Schnaidt) sollen es allein nicht gewesen sein. Nach Ansicht des SSV Esslingen soll Golubic seinen Vertrag nicht in allen Punkten erfüllt haben. Nähere Einzelheiten wurden jedoch nicht genannt. Und Golubic wollte zu den Vorwürfen nicht viel sagen: "Mein Gewissen ist rein, und ich denke, dass ich alles richtig gemacht habe.''
Die Mannschaft nahm die Entscheidung des Vereins sichtlich erleichtert zur Kenntnis. "Die täglichen Konflikte haben ein Ende'', meinte Hahn. Vorerst jedenfalls. Bis zum Saisonstart im Oktober haben die Verantwortlichen des SSVE erst einmal alle Hände voll zu tun. Nach den Fehlgriffen zuletzt muss ein Trainer gefunden werden, mit dem auch längerfristig geplant werden kann.

(Stuttgarter Zeitung vom 26.06.2000)