Start zur Champions League 2000
Spandau empfängt Wolgograd


VON DR. GÜNTER SCHWILL


Wie alljährlich geht der Wasserball-Europapokal von Januar bis April in seine entscheidende Phase. In der Champions League haben sich 8 Landesmeister für den Endkampf gerüstet. Auch der Deutsche Meister "Wasserfreunde Spandau 04" ist mit von der Partie. In einer sehr schweren Gruppe, der "Roten Gruppe", trifft er je zweimal auf Russlands Meister Spartakus Wolgograd, auf den siebenfachen Europa-Champion Mladost Zagreb und auf den jugoslawischen Serienmeister VK Naftagas Becej.
In der Parallelgruppe, der "Blauen Gruppe", starten der Titelverteidiger aus Split, Olympiakos Piräus, Vasutas SC Budapest und Olympic Nizza. Nach der Doppelrunde bei 6 Spielen pro Mannschaft erreichen die jeweils beiden Gruppenersten die Finalrunde.

WF Spandau 04 ist nach zweijähriger Absenz wieder im Elitekreis Europas vertreten. Entsprechend einem zyklischen Belastungsprofil hatte Trainer Peter Röhle seinen "Amateuren" zum Jahreswechsel Spiel- und Trainingsruhe verordnet. Der Neubeginn in der Bundesliga gegen ASC Duisburg (4:4) gestaltete sich mühsam, doch schon eine Woche später wurde Verfolger Bayer Uerdingen 14:5 versenkt. Ein mittelschwerer Gegner mit Blau Weiss Bochum stellt sich als letzter Prüfstein im Pokal-Achtelfinale. Dann kommt mit dem Champions-League-Auftakt am 29.Januar in Berlin die Stunde der Wahrheit.

Spartakus Wolgograd :
Die Paarung WF Spandau 04 gegen Spartakus Wolgograd ist eine Herausforderung: Amateure gegen Profis. Wolgograd erklärt bereits im Vereinsnamen Ziel und Absicht seines Auftretens: "Professional Water Polo Sports Club LUKOIL SPARTACUS".
Zahlreiche Nationalspieler stehen in Wolgograder Diensten. Zu den besten gehören der 26jährige Hüne Alexei Panfili, 198 cm gross, der fast gleichgrosse Nikolai Kozlov (Jahrgang 1972) und der bereits 31jährige Irek Zinnourov.
Über die spezielle Vorbereitung kursieren nur Gerüchte. Es heisst, die Mannschaft befinde sich in einem ungarischen Trainingscamp in Budapest. Andere Informationen sprechen von Ausreiseproblemen. An den Visagebühren wird es zuallerletzt liegen, denn der Vereien ist wohlhabend, dafür steht der Name "Lukoil". Auf der Wasserball-Landkarte ist Wolgograd, das frühere Stalingrad, eine Schöpfung der 90er Jahre. Der erste russische Meistertitel wurde 1997, der zweite 1999 gegen traditionsreiche Clubs aus Moskau, gegen Dinamo und ZSKA, errungen.

VK Becej - Mladost Zagreb
Becej ist auch in diesem Jahr der Überflieger in Jugoslawien. Aus 6 Spielen der 10köpfigen Liga wurden bisher nicht nur 6 Siege errungen, sondern bereits 110 Tore geschossen. Auch im Pokal-Halbfinale (18.-20.Januar) machte Becej kurzen Prozess mit Jadran Herceg Novi, Budva Rivijera und Spartak Subotica. Trotz kriegsbedingter Einschränkungen im übrigen Land führen die Wasserballspieler ein privilegiertes Leben. Hauptsponsor ist die Firma "Sojaprotein". Der Name Naftagas im Vereinsnamen dürfte nicht nur für warmes Wasser sorgen. Zwei ungarische Nationalspieler und einer der besten europäischen Trainer, Zoltan Kásás aus Ungarn, Vater des erneut von "World Waterpolo" als bester Spieler ausgezeichneten Tamas Kásás (Posillipo), stehen bei Becej unter Vertrag.


Mladost Zagreb, die vierte Mannschaft der roten Spandau-Gruppe, gehört zu den klangvollsten Namen in Wasserball-Europa. In der noch jungen kroatischen Geschichte (seit 1991) wurde Mladost siebenmal Meister und viermal Pokalsieger. In der gemeinsamen Geschichte mit Serbien, in Rivalität zu Partizan Belgrad, zählte Mladost stets zu den Top-Teams Europas. Die Erfolge: 7x Europacup der Landesmeister, 2x Europacup der Pokalsieger, 3x LEN-Supercup. So viele Glanzpunkte kann kein anderer europäischer Verein aufweisen. In der diesjährigen Meisterschaft gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Split und JUG Dubrovnik. Nach fünf Spielen sind noch alle drei Vereine verlustpunktfrei.

Die "Blaue Gruppe"
Olympic Nizza empfängt im ersten Spiel Vasutas SC Budapest.
Die Franzosen scheinen endgültig aus dem Schatten des grossen Vorgängers CN Marseille herausgetreten zu sein. In der Meisterschaftsrunde, in diesem Jahr in 2 Gruppen zu 6 Mannschaften mit anschliessendem Play-off gespielt, führt Nizza in seiner Gruppe ungeschlagen nach 8 Spielen mit 24 Punkten vor Strasbourg (22). Das letzte Ergebnis vom Wochenende: Nizza - Taverny 14:2.


Grosse wirtschaftliche Probleme haben die Ungarn in diesem Jahr. Fast die gesamte Nationalmannschaft, die Europameister und Weltcup-Sieger wurde, spielt im Ausland. Bevorzugt wurde Italien, auch Kroatien, Griechenland und Jugoslawien waren verlockend. Der Meister Vasutas oder abgekürzt BVSC hat sich gegen diesen Exodus noch am besten behaupten können. Bis auf Attila Monostori (jetzt bei Recco/Italien) blieb der Meister der letzten vier Jahre zusammen. Und dank der beispielhaften Nachwuchsschulung in Budapest kommen immer wieder zahlreiche Talente nach.
Für Vasutas gab es im vorletzten Meisterschaftsspiel gegen Ferencvaros einen Warnschuss beim 4:5 Mitte Dezember. Seither ruht der Spielbetrieb in Ungarn, nur Ferencvaros startete zum traditionellen Neujahrstrip nach Australien.

Olympiakos Piräus - Splitska Banka
Im zweiten Spiel dieser Gruppe empfängt Olympiakos in Athen den Titelverteidiger aus Split. Die Griechen unter Trainer Nikola Stamenic sind nach 10 Spieltagen Tabellenführer ihrer Liga. Stamenic trat als jugoslawischer Nationalcoach nach der EM in Florenz zurück und widmet sich jetzt ganz der Trainings- und Dozententätigkeit in Athen. Eine einzige Niederlage ärgerte ihn bisher, das 13:14 auf Kreta gegen Chania. Vier zusätzliche Reisen muss Olympiakos wegen einer Heimsperre nach den Vorfällen im letztjährigen Finale antreten. Als Ausweichspielort diente eine Halle in Chalkida auf Griechenlands zweitgrösster Insel, ca. 60 km von Athen entfernt. Bisher konnten die Hauptkonkurrenten Vouliagmeni und Chania auf die Plätze verwiesen werden.

Der amtierende Cupsieger aus Split, Splitska Banka, unter dem Namen "Posk" bereits zuvor zweimal Gewinner des Pokalsieger-Cups, zeigte bei der Vorrunde in Berlin seine Stärken. Mit dieser Mannschaft muss in diesem Jahr wieder gerechnet werden. Ihr Trainer Dragan Matutinovic, ein zuvor auch in Spanien und Frankreich erfolgreicher Coach, wurde gerade vom internationalen Fachblatt "World Waterpolo" als bester Vereinstrainer des Jahres 1999 ausgezeichnet. Im letzten Spiel der kroatischen Meisterschaft am Wochenende hatte Kvarner Express beim 9:18 nichts zu bestellen. Die eigentliche Herausforderung in der Meisterschaft steht noch aus, wenn das Führungstrio Mladost, Split und Jug aufeinandertrifft.

In der Champions League wird Spandau um jeden Punkt hart ringen müssen. Trainer Röhle hält sich bedeckt und stapelt tief: "Ganz punktlos wollen wir nicht bleiben!" Ganz gleich, wie der Ausgang sein wird, schon die Tatsache, die beiden erfolgreichen südeuropäischen Nationen Italien und Spanien hinter sich zu wissen, ist ein erster Erfolg. Das Erreichen des "Final Four" bleibt vorerst ein Traum.

(21.01.2000)


Startseite News