Champions League, 4. Spieltag - 11.03.2000

Mladost Zagreb-Spandaus Gegner ist verwundbar

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Zum dritten und letzten Heimspiel in der Champions League erwartet WF Spandau 04 am kommenden Sonnabend Mladost Zagreb, den Meister aus Kroatien. Noch vor wenigen Monaten wäre dieser Gegner äusserst respektvoll empfangen worden, eine Niederlage hätte niemand betrübt. Aber die Zeiten haben sich ganz plötzlich geändert. Spandau hat durch seine Erfolge in dieser Saison Ansprüche geweckt. Die Männer um Trainer Peter Röhle sehen jetzt eine echte Chance, Zagrebs Formschwankungen zum eigenen Vorteil zu nutzen. Ein Sieg über den Rivalen aus Südosteuropa würde zu 90% den Spandauer Einzug in das europäische Endturnier, das "Final Four", bedeuten.

Natürlich muss vor Euphorie gewarnt werden. Mladost Zagreb gehört nach wie vor zu den ganz grossen Adressen in Wasserball-Europa. Erinnert sei an das 3:8 der Spandauer im Hinspiel in Zagreb. Doch der Nimbus der Unbesiegbarkeit der Kroaten ist dahin. Vorbei die Erfolgsserie des Vorjahres, als der Europacup der Pokalsieger und die Landesmeisterschaft die schon riesige Trophäensammlung weiter vergrösserten.
Sand ist ins Getriebe geraten. Sechs Niederlagen gab es bereits seit Ende November 1999.Es fing bei der Europacup-Vorrunde an, als es gegen Ungarns Meister Vasutas Budapest in eigener Halle eine überraschende 9:10-Niederlage gab.
Im Kroatischen Pokal war gegen Jug Dubrovnik im Halbfinale Endstation. In der Champions League verlor Zagreb seine Punkte bei Becej (6:9) und Wolgograd (4:5). In der nationalen Meisterschaft reicht es augenblicklich nur für Rang 3. Gegen Jug Dubrovnik verlor Zagreb zum ersten Mal seit Bestehen der Republik Kroatien ein Heimspiel (11:12), in der letzten Woche folgte zum Abschluss der Hinrunde eine weitere Niederlage bei Splitska Banka (8:9).

Gibt es Gründe für die Formschwankungen? Sind vielleicht einige Spieler "in die Jahre gekommen"? Immerhin sind Mannschaftskapitän Perica Bukic und Dubravko Simenc beide Jahrgang 1966. Simenc hat erhebliche Gewichtsprobleme.
Entscheidender aber scheint ein Finanzengpass die Spieler zu bedrücken. Ihre materielle Absicherung ist nicht mehr gewährleistet. Gehaltsrückstände von vier bis sechs Monaten belasten. Der Verein ist hoch verschuldet. Die Tageszeitung "Vjesnik" schrieb von 2 Millionen Kuna (etwa 500.000 DM). Trainer Ozren Bonacic, wie Spandaus Trainer Peter Röhle vierfacher Olympiateilnehmer, bangt um seinen Posten.
Die Hiobsbotschaften aus Kroatien häufen sich: Der Verzicht des Verbandes auf die Austragung der EM im kommenden Jahr, der Rücktritt des Verbandspräsidenten Tomislav Druzak, eine Neuwahl auf April verschoben. Immer noch steht die Erfolgsprämie des Verbandes für die Silbermedaille in Atlanta aus. Betroffen davon fünf Spieler von Mladost Zagreb: Bukic, Simenc, V.Kobescak, Stritof und Glavan.
Zu diesen Nationalspielern sind für die EM in Florenz Torwart Frano Vican und Vitomir Padovan hinzugekommen. Mit dem ungarischen Europameister Zsolt Varga bringt Mladost eine komplette Nationalmannschaft in Schöneberg ins Wasser. Eine Augenweide für die Zuschauer, ein Fest, wenn Spandau mit seiner Heimstärke diesen "Brocken" aus dem Weg räumt. Bisher gibt es eine 100%ige Heimserie gegen Mladost Zagreb: Das 10:9 im bisher einzigen Heimspiel im Europacup-Finale 1989. Damals reichte dieser Vorsprung nicht zum Cupgewinn im Rückspiel, heute jedoch würde auch ein knapper Erfolg Spandaus Höhenflug fortsetzen.

(07.03.2000)


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