Wasserball ein brutaler Sport?

Was meint ihr zu dem Artikel? Mailt mir bitte unter jwitte@metronet.de

Kommentare zu dem Artikel in der BZ

Einen Tag vor dem zweiten Halbfinalspiel Spandau gegen Würzburg erschien in
der "BZ" von Stefanie Boewe folgender Bericht:

Spandaus Wasserballer in Angst

Treten, kneifen, würgen!

Haare reißen, kratzen, würgen: Was sich anhört wie eine brutale Version des
Schlamm-Catchens ist trüber Kampf um die Wasserball-Meisterschaft. Morgen
ist Würzburg zu Gast bei den Wasserfreunden. Und die Spandauer zittern
bereits, die Bayer gelten als gemeinstes Team der Liga. Für die BZ erklärt
Spandaus Dirk Klingenberg vor dem Halbfinale die fiesesten Tricks der
Wasserwürger. Klinge: "Am brutalsten sind offene Fouls, wie Finger ins Auge
stoßen. Aber viel häufiger sind die verdeckten. Die Schiris sehen nämlich
vom Beckenrand nichts..." Klinge greift tief in die Würzburger Wundenkiste:
"Die reißen an den Achselhaaren, treten gegen den Solarplexus, rammen
Ellbogen in die Rippen und ganz mies - die Hodenkralle!". Die brutale
Kreativität der Würzburger kennt kaum Grenzen. Beliebt ist auch den Knoten
vom Badekappengummi gegens Kinn schnellen zu lassen. Aber wir kontern da
eiskalt mit unserer Spielkultur."

Immerhin: Die Spandauer sind schon Nahkampf geschult, sehr gut sogar.
Klinge: "Ich würde auch mit Rocky ins Wasser gehen!"

Dazu gab es noch fünf von Spandauer Spielern nachgestellte Fotos wie:
"Klinge und Weissinger machen's vor: "Würzburg reißt an den Achselhaaren"
oder "Ein gezielter Knie-Kick gegen den Solarplexus. Gemein aber erfolgreich

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Solche Berichte sind der Grund warum Außenstehende meist nur
Wasserballsportler nach den Fouls unter Wasser fragen und häufig denken der
Sinn liegt darin, sich gegenseitig unter Wasser in die Badehose zu greifen.
Sicherlich werden durch diese Art der Berichte mehr Jugendliche verschreckt,
als sie für den eigentlich sehr verletzungsarmen Wasserballsport zu
begeistern.

(Jens Witte)


Meinungen zum Artikel:

Welch billiger Journalismus. Aufmerksamkeit um jeden Preis? Nein, nochmals
nein! Durch derlei Pamphlete sind dem Wasserballsport keine Freunde zu gewinnen.

Eine Stellungnahme der Spieler wäre aufschlußreich
Pikanterweise handelte es sich beim Autor dieses Artikels um junge Frau. Hat sie
es vielleicht verstanden, bei den Spielern Klingenberg und Weißinger den Jagdinstinkt
zu wecken, um sich am Jägerlatein zu erfreuen?
Die ,,BZ' aus Berlin Ist bekannt für ihre reißerische Aufmachung, doch beide Spieler 
leben lange genug in Berlin, um zu wissen, worauf sie sich bei diesem Interview einließen.

Eine Parallele drängt sich mir mit:
Der große österreichische Literat Friedrich Torberg, selbst Wasserball-Nationalspieler,
schilderte in einem seiner Bücher die übertriebene, fast planmäßige Härte ungarischer 
Spieler. Gefürchtet war die "ungarische Begrüßung". Sie bestand aus einer kombinierten 
Ober- und Unterwasserattacke: "Rechter Ellbogen in den Brustkasten, linke Faust in die 
Magengrube und mit dem Knie von unten ins primäre männliche Geschlechtsmerkmal." Aber 
Torberg wäre eben kein Literat ohne nachfolgende Belehrung:

Diese "ungarische Begrüßung" durch den berühmten Homonay war gerade einem jungen Spieler
widerfahren. "Der Schmerz der Begrüßung war offenbar so groß, daß "X" seinerseits in einer 
besinnungslosen Wutredaktion nach oben ausschlug und Homonay mit dem Handrücken voll ins 
Gesicht traf. Die es gesehen hatten, erbleichten. Was stand dem armen "X" jetzt bevor? 
Wie würde Homonay die unerhörte Freveltat bestrafen? Würde er ihn knockout schlagen, in
den Grund bohren, zerfleischen? Nichts dergleichen geschah. Homonay zeigte keinerlei
Wirkung. Lächelnd beugte er sich zu dem tollkühnen Neuling, den er nun schon eisern 
umklammert hielt, hinab und fragte im Tonfall freundliches Interesses:

Wie heißt du? Denn ein Revanchefoul an Homonay war in der Geschichte des Wasserballsports
noch nie vorgekommen, und da wollte er doch den Namen dessen, der es gewagt hatte, 
kennenlernen." Soweit Friedrich Torberg in "Die Erben der Tante Jolesch".

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Hallo Jens,

erstmal vielen Dank für Deine ständigen Mail´s. Sie sind sehr informativ und
halten mich immer auf dem laufenden. Weiter so.

Der Artikel stammt ja wohl aus der untersten Schublade. Hört sich an wie :
Hirnlose Vollidioten hauen sich auf die Fresse. Ich glaube nicht das sowas uns
weiterbringt, aber den Spandauern war schon immer alles recht, um in der
Zeitung zu stehen.

(BL-Spieler)

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Hallo Jens,
eigentlich möchte ich mich zu diesem Artikel, den ich auch im Original gesehen
habe, nicht äußern. Denn für mich steht dieser Artikel in jeder Hinsicht auf 
einem Niveau, auf dem ich mich persönlich weder aufhalten, noch diskutieren 
möchte. Wasserball steht nun mal nicht im Licht der Öffentlichkeit, damit muß 
man sich zuerst einmal abfinden und kann kontinuierlich daran arbeiten, das zu 
verändern. Neurotische Selbstdarstellung um jeden Preis ist hierfür sicherlich 
der vollkommen falsche Weg!!! 

P.S.: Ich teile auch Deine Ansicht/Kommentar! (BL-Spieler)

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Hallo Jens

im Gespräch mit Laien sind immer wieder die gleichen Vorurteile auszuräumen 
("ein brutaler Sport", "der Schiedsrichter sieht nicht, was unter Wasser 
geschieht" etc.). Dieser Artikel ist auf dem Niveau der BILD-Berichte aus den 
80er Jahren ("Das Wasser färbte sich blutrot ..."). Mitschuld haben natürlich 
auch die Aktiven, die den Journalisten die gewünschten Vorlagen liefern. 
Hoffentlich haben sie wenigstens im nachhinein etwas daraus gelernt. Ich führe
immer wieder ins Feld, daß Wasserball, wenn er wirklich so ein brutaler Sport
wäre, nicht von so vielen Frauen ausgeübt werden würde.

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Tja, es ist schon sehr schade, wenn ein aktiver Wasserballer so schlecht von
seinem Sport redet. Zumal er mittlerweile genug Erfahrung im Sport gesammelt
haben sollte. Sicherlich ist Wasserball kein "Hallenhalma" Doch nur eine 
Mannschaft so schlecht ins Bild zu rücken ist einfach unglaubwürdig. Ich denke,
wer so laut bellt und sich mit Rosen des "unfairen Spiels" schmückt (Fachmann), 
sollte sich erstmal selbst ordentlich an die Nase greifen. 
Traurig, traurig, daß selbst die letzten noch nicht begriffen haben, das es 
sehr schwer ist, Wasserballnachwuchs zu bekommen.

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Hi Jens,

ein nicht ganz einfaches Thema das du da ansprichst. Ein jeder der auf nationaler
oder internationaler Ebene spielt, hat wohl schon ein paar mal den Ellenbogen 
stehen gelassen. Wenige kluge Menschen brüsten sich allerdings öffentlich damit 
- es gibt ja auch keinen Grund. Da dies ja jetzt wohl anscheinend passiert ist,
hört es sich so an als wenn man Publicity sucht, und sie wohl auch gefunden hat.
Je schriller die Geschichte, um so besser die Vermarktung - nur harte Männer 
ertragen dies. Eine Randsportart wird dadurch aber nicht besser. Vielleicht sollten
sich die Herren Nationalspieler mal wieder um die Sportart kümmern und weg vom 
eigenen Vorteil / Geldbeutel die Spielkultur, Taktik, Technik, Einsatz .... vor die
Medienpräsens bringen. Vor früheren Erfolgen stand immer erst der Erfolg und dann 
die Vermarktung (auch wenn diese besser hätte sein können) - jedenfalls hörte man
von Stamm, Otto, Röhle, Osselmann etc. erst sportlich etwas bevor sie sich um andere
Dinge kümmerten. Heute hätte man gerne Medienpräsens und meint darüber kommen die 
Sponsoren und dann die Leistung - manchmal war es früher halt vielleicht doch besser
- zumindest aber anders. Zum Thema Gewalt / Härte denke ich nur - wenn man mich unter
Wasser zu greifen bekommt habe ich einen Fehler begangen - passiert es über Wasser, 
so muß es der Schiedsrichter sehen. Ein jeder hat seine eigenen Fehler unter Wasser 
zu spüren bekommen. Ich kenne keinen dem es nicht so erging.

Tschüß, bis demnächst 'mal wieder (BL-Spieler)

Es entspricht dem Trend der Zeit, daß die Brutalität, die um uns passiert, immer 
mehr in den Vordergrund gestellt wird. Täglich wird in den Medien darüber berichtet.
Bis dato bin ich jedoch davon ausgegangen, daß der Sport davon ausgenommen ist und
u.a. die Aufgabe hat, der Brutalität innerhalb unserer Gesellschaft entgegenzuwirken.
Von daher kann ich meine persönliche Enttäuschung darüber nicht verbergen, wenn wir
statt dessen selbst unseren Sport in der Öffentlichkeit auf das Niveau von "brutalen
Rambos" herunterziehen. Als äußerst unsportlich sehe ich es an, wenn dabei die 
gegnerische Mannschaft in den Dreck bzw. in den Schlamm gezogen wird. Wasserball ist
kein brutaler Sport, sondern eine Ballsportart, in welcher der "ganze" Athlet im 
Vordergrund steht. Athleten werden (auch heute noch) bewundert, Schläger stellen sich
selbst ins Abseits.

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Hallo Jens
Meiner Meinung nach, ist dieser Bericht reine Meinungsmache der Spandauer und nur dazu
da um Zuschauer zu locken. Warum gehen den so viele Leute zur Formel 1? Doch wohl 
nur um spektakuläre Unfälle zu sehen. Genauso gehen jetzt die Spandauer vor. Mit 
Sensationen und brutalen Fotos Zuschauer locken. Generell ist diese Art von Journalismus
wohl das letzte, was unser Sport gebrauchen kann. Aber eins muß mir Klinge noch einmal
erklären: "Beliebt ist es auch den Knoten vom Badekappengummi gegens Kinn schnellen zu 
lassen." Ich wußte gar nicht, daß wir mit Gummikappen spielen. Vielleicht spielt man ja
so in Berlin, damit die Haare nicht naß werden und man sich nicht erkältet. (würde ja 
zu dem Artikel passen)

Schöne Grüße

(BL-Spieler)

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Hallo Jens,

also ehrlich gesagt, verstehe ich die Aufregung über den Artikel nicht. Es mag ja in
anderen Städten anders sein, aber in Berlin eine halbe Seite über Wasserball in der 
auflagenstärksten Zeitung zu haben, ist eine Sensation. Und wer weiß, wie Boulevard-
zeitungen gemacht werden, muß soviel Phantasie aufbringen können, daß er sich 
vorstellen kann, wie Überschriften gemacht werden. Daß es spezielle Fouls beim Wasserball
gibt, ist ja wohl für niemanden ein Geheimnis. Daß eine Boulevardzeitung das nun aus-
gerechnet auf Würzburg bezieht, ist sicherlich ärgerlich. Aber es ändert nichts an der
Tatsache, daß das Interesse an Wasserball steigt. Und das nicht, weil es so ein wunderbar
brutaler Sport ist, sondern weil sich die Leser der Sportseiten das erste Mal überhaupt 
für Wasserball interessieren. Kein Sponsor wird sich auf Dauer in diesem Sport engagieren,
wenn er feststellt, daß die Sportart niemanden interessiert. Vielleicht kann man unabhängig
von jeder Moral auch mal darüber nachdenken, daß ein halbseitiger Artikel auch das Stadion
füllt. Und mit Sicherheit nicht mit Leuten, die Brutalität geil finden. Sondern vielleicht
mit Leuten, die das erste Mal zur Kenntnis nehmen, daß es außer Formel 1, Fußball und Tennis
noch andere Sportarten gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Aufschrei durch's Land 
geht, wenn über Fouls beim Fußball geredet wird. Entscheidend ist doch bei allem, was am Ende
dabei rauskommt. Und in Berlin war das Stadion beim Halbfinale noch nie so voll, wie am 
letzten Wochenende. Und wer behauptet, daß man mit solchen Geschichten nicht in die Zeitung
will, der kann mir gern mal erklären, mit welchen Geschichten man im Vorfeld eines Halbfinal-
spiels in Berlin sonst eine halbe Seite kriegt. Stolz ist ja 'ne tolle Tugend, aber vielleicht
ist es manchmal auch angebracht, die Größe zu haben, darüber zu stehen, wenn's das Ergebnis
rechtfertigt.

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Ja und kann ich da nur sagen war früher zu meiner Zeit doch genau so zwischen 1965 und 1980 
ging es doch genau so zu und es gab noch keine "Plastik-Eierschützer" nach meinem ersten 
offiziellen Wasserballspiel-Einsatz beschwerte ich mich bei meinem Mannschaftskapitän, daß 
der Gegenspieler mich treten würde Antwort: spielen wir hier Wasserball oder Ping-Pong, also
ran und wehre dich, aber paß auf, daß der Schiri dich nicht rausschmeißt
.. und die Spandauer sind auch nicht von schlechten Eltern. Ich hab auch dort schon mal 
trainiert.

Gut Nass und bis bald


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